Optimistischer EU-Rechnungshofbericht zeigt Hotspot-Chaos
Ein Bericht des EU-Rechnungshofes zeigt erheblich Schwachpunkte bei der Erstregistrierung von Migranten in Hotspots Italiens und Griechenlands. Die personelle und finanzielle Unterstützung seitens der EU bereitet Schwierigkeiten. Noch immer gibt es zu wenig gut ausgebaute Hotspots. Große Probleme bereitet auch nach wie vor die Bekämpfung von Schleppernetzwerken.

Illegale Migranten in Libyen.
Foto: MAHMUD TURKIA/AFP/Getty Images
Nach wie vor geht die Registrierung in den Hotspots Italiens und vor allem Griechenlands nur schleppend voran. Personelle Engpässe und Schwierigkeiten bei der Finanzierung erzeugen Chaos. Einrichtungen wurden zu langsam ausgebaut und Neubauten nicht in Angriff genommen. Zudem wurden Schleppernetzwerke nicht erfolgreich genug bekämpft. Ein weiteres sehr großes Problem ist die Unterbringung von Zigtausenden Minderjährigen. Dies geht aus einem Bericht des EU-Rechnungshofes hervor.
Täglich kommen Hunderte bis Tausende Menschen an den Küsten Griechenlands und Italien an. In den Erstaufnahmezentren soll die Entscheidung getroffen werden, ob Asyl in Griechenland bzw. Italien gewährt werden kann. Alternativ kann in das EU-Umverteilungssystem umgeleitet werden oder zurück in das Heimatland. Noch immer ist das Asylverfahren Nationalsache.
Zu langsame Reaktion der EU-Behörden: Schleppernetzwerke nicht durchbrochen
Erst ein halbes Jahr nach Beginn der Flüchtlingswelle wurden die ersten Hotspots eröffnet. Daraus resultierten allein in 2015 1,822.337 illegale Grenzübertritte. Im Frühjahr 2017 waren noch immer nicht alle Hotspots funktionstüchtig. Trotz einiger Erfolge bei der Enttarnung von Schleppernetzwerken durch die Unterstützung der Grenzschutzagentur Frontex konnte den Schleppern nicht vollständig das Handwerk gelegt werden.
Noch immer gibt es in Griechenland kein Standardverfahren zur Registrierung, obwohl dies mehrfach von der EU eingemahnt wurde. Zudem verspätete man sich bei der Inbetriebnahme von Hotspots. Der fünfte Hotspot konnte erst im Juni 2016 in Betrieb genommen werden. In den griechischen Einrichtungen geht es wegen des Türkei-Deals besonders schleppend mit der Abwicklung voran. Wegen des Deals müssten die Migranten zuerst registriert werden bevor sie weiter dürfen. Viele sind gezwungen Monate auszuharren.
Komplizierte Ausschreibungen: Personalmangel von EU-Mitarbeitern
Personelle Probleme erschweren die Lage zusätzlich. Obwohl die Unterstützung durch die EU selbst klappt, werden aus den EU-Ländern etwa nur die Hälfte der geforderten Experten entsandt, was den komplizierten Ausschreibungen der EU anzulasten sei. Sowohl in Griechenland als auch Italien fehlt es deswegen an diversen Experten.
Italien: Mehr als zwei Drittel an Hotspots vorbei – wo sind unregistrierte Migranten jetzt?
In Italien sind zwei der geplanten Hotspots noch nicht in Betrieb. Gleichzeitig meldet der Rechnungshof, zwei Drittel der Migranten sei an den Hotspots vorbei an italienischen Küsten ans Land gegangen.
Deswegen hat die Regierung in 15 Ausschiffungshäfen rasch Einrichtungen gebaut, um dort das Standardverfahren anzuwenden. Bis Ende 2016 konnten so die Registrierungen mit Fingerabdrücken von zuvor 60 auf 97 Prozent gesteigert werden. Es bleibt die Frage, wie sich die unregistrierten Migranten in Europa verteilt haben.
Wegen fehlender Beteiligung: EU-Mittel nicht genutzt
Ein großes Problem sind fehlende nationale Mittel in beiden EU-Grenzländern. Zudem sind EU-Mittel für Unterkünfte, Verpflegung, Gesundheit und Infrastruktur in den Hotspots von den Ländern nicht in Anspruch genommen worden. Denn die EU-Mittel setzen eine Kofinanzierung durch das jeweilige Land voraus. Griechenland konnte deswegen von einer Milliarde Euro nur 448 Millionen abholen. Italien konnte von möglichen 656 Millionen Euro sogar nur 91 Millionen Euro nutzen.
Salzburger EU-Abgeordnete sorgt sich um Zigtausende Minderjährige
Sehr traurig sieht die Situation insbesondere für die vielen Flüchtlingskinder aus. Allein bis 2016 kamen 20.000 in der EU an. Eigentlich gebührt ihnen besonderer Schutz. Doch gebe es gravierende Probleme bei der Unterbringung. “Wir haben durch den Schlendrian ein Sicherheitsproblem, wir haben ein menschenrechtliches Problem, und wir haben kriminelle Strukturen, die daran verdienen. Damit wird täglich Leid erzeugt. Wenn wir an solchen Aufgaben scheitern, dann scheitert die EU”, ärgert sich die Salzburger EU-Abgeordnete Claudia Schmidt. Die EU-Abgeordnete wurde mit der politischen Aufarbeitung beauftragt.
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