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plus-iconZehntausende auf der Straße

Proteste in Georgien gehen trotz Rücknahme von „Agenten”-Gesetz weiter

Opposition fordert Garantien für einen pro-westlichen Kurs des Landes. Alle 70 Festgenommenen sind nach Angaben des Innenministeriums wieder frei.

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Nach Massenprotesten hat die Regierung in Georgien einen umstrittenen Gesetzentwurf zurückgezogen.

Foto: Zurab Tsertsvadze/AP/dpa

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Lesedauer: 5 Min.

Der von Demonstranten in Georgien heftig angefochtene Gesetzesplan zu „ausländischen Agenten“ ist von der Regierung zurückgezogen worden. Laut Agenturen gingen die Proteste am dritten Tag in Folge dennoch weiter. Zehntausende Menschen gingen am Donnerstag in der Hauptstadt Tiflis auf die Straße. In der Menge wurden die Fahnen Georgiens, der Ukraine und der EU geschwenkt und ihre Hymnen gespielt.

Scharfe Kritik der Präsidentin

Die Opposition hatte zur Fortsetzung der Proteste aufgerufen, solange es keine „Garantien“ für einen pro-westlichen Kurs des Landes gebe. Der von der Regierungspartei zuvor am Donnerstag zurückgezogene Entwurf zu „ausländischen Agenten“ ähnelt einem Gesetz in Russland. Es wird dort seit mehr als zehn Jahren von den Behörden genutzt, um gegen Kritiker vorzugehen, heißt es im Agenturbericht weiter.
Auch die pro-westliche georgische Präsidentin Salome Surabischwili hatte das Gesetzesvorhaben scharf kritisiert. Die Rücknahme des Entwurfs bezeichnete sie dann als Erfolg der Demonstrierenden. „Ich möchte der Gesellschaft zu ihrem ersten Erfolg gratulieren. Ich bin stolz auf die Menschen, die ihren Stimmen Gehör verschafft haben“, sagte Surabischwili in einer Fernsehansprache aus New York, wo sie sich zu einem offiziellen Besuch aufhielt.
Das Innenministerium erklärte am Donnerstagabend, alle seit Dienstag festgenommenen Demonstranten seien freigelassen worden. Damit kam die Behörde einer Forderung der Opposition nach. Nach Angaben der Polizei waren bei den Protesten mehr als 70 Demonstranten verhaftet worden. Das Ministerium teilte nun jedoch auch mit, dass noch Untersuchungen liefen, um Demonstranten zu ermitteln und festzunehmen, die Polizisten angegriffen hätten.

Gesetzentwurf „auf irreführende Weise“ dargestellt

Die Regierungspartei „Georgischer Traum“ hatte zuvor erklärt, sie ziehe das „Agenten“-Gesetz “bedingungslos” zurück. Der Entwurf sei „in einem schlechten Licht und auf irreführende Weise“ dargestellt worden. Die Absicht dahinter solle in öffentlichen Gesprächen „besser erklärt“ werden.
Der Gesetzesvorschlag sah vor, dass Organisationen, die mehr als 20 Prozent ihrer finanziellen Mittel aus dem Ausland erhalten, sich als sogenannte ausländische Agenten registrieren lassen müssen. Andernfalls drohen ihnen demnach Strafen. Die Vorlage erinnerte an ein 2012 in Russland verabschiedetes Gesetz, das die Behörden seither nutzen, um gegen Medien, regierungskritische Organisationen und andere Kritiker vorzugehen.
Die USA begrüßten am Donnerstagabend die Rücknahme des Gesetzentwurfs. Washington fordere die georgische Regierungspartei jedoch auf, diese Art von Gesetzgebung nicht weiterzuverfolgen, sagte Außenamtssprecher Ned Price. Sie sei „unvereinbar mit den georgischen und den euro-atlantischen Werten“.

Westen kritisiert „Rückschritt bei Demokratie“

Die frühere Sowjetrepublik Georgien strebt eigentlich den Beitritt zu EU und NATO an. In jüngster Zeit deuteten aber mehrere Maßnahmen darauf hin, dass sich das Land unter Regierungschef Irakli Garibaschwili Russland zuwenden könnte. Dieser spricht von einer „ausgewogenen“ Politik, die für „Frieden und Stabilität“ sorgen solle. Westliche Kritik an einem „Rückschritt bei der Demokratie“ hat die Beziehungen zwischen Tiflis und Brüssel jüngst getrübt.
Die Demonstrationen in Tiflis gegen das „Agenten“-Gesetz hatten am Dienstag begonnen. Vereinzelt kam es in den vergangenen Tagen zu Zusammenstößen mit der Polizei, die Wasserwerfer und Tränengas einsetzte.

USA haben ein ähnliches Gesetz seit 1938

Wie Recherchen ergeben haben, verfügen die USA, die das Gesetz als „unvereinbar mit den georgischen und den euro-atlantischen Werten“ bezeichnet haben, mit dem „Foreign Agents Registration Act“ (FARA) über ein inhaltlich ähnliches Gesetz. Es wurde bereits 1938 verabschiedet, wie auf der Internetseite des Justizministeriums der Vereinigten Staaten zu lesen ist. FARA verlangt von „bestimmten Vertretern“ ausländischer Auftraggeber, die an politischen oder anderen im Gesetz festgelegten Aktivitäten beteiligt sind, regelmäßig ihre Beziehung zum ausländischen Auftraggeber bekannt zu geben. Transparenz wird auch bei Einnahmen und Ausgaben zur Unterstützung dieser Aktivitäten gefordert. Die Offenlegung der erforderlichen Informationen soll der „Regierung und dem amerikanischen Volk“ die Bewertung der Aktivitäten dieser Personen im Hinblick auf ihre Funktion als ausländische Agenten erleichtern. Dazu hat die Behörde auch einen Flyer veröffentlicht, in dem unter anderem Beispiele aufgeführt sind, wie man einen Agenten erkennen kann.
 

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