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Zensur und Meinungsfreiheit

Sloweniens Ministerpräsident: „Wir täten gut daran, den Brexit als ausreichende Warnung zu beherzigen“

Sloweniens Ministerpräsident hat seine Teilnahme einem Meeting zum Thema Medienfreiheit vorzeitig beendet. Ein für ihn wichtiges Video wurde nicht gezeigt. Er spricht von Zensur, Kritiker sehen sein Verhalten als „Posse“.

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Sloweniens Premierminister Janez Janša nach seiner Ankunft im Elysee-Präsidentenpalast mit dem französischen Präsidenten in Paris am 29. April 2021.

Foto: LUDOVIC MARIN/AFP via Getty Images

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Lesedauer: 5 Min.

Janez Janša, Ministerpräsident in Slowenien, war im März zu einem Gedankenaustausch zum Thema Medienfreiheit von einer sogenannten Monitoring Group für Demokratie, Rechtsstaat und Grundrechte eingeladen. Solche Anhörungen von Unterausschüssen des Europaparlamentes gibt es regelmäßig.
Der Regierungschef hat sich allerdings aus dem virtuellen Meeting ausgeklickt, nachdem ein Video von ihm bei der Sitzung nicht gezeigt wurde.

Janša: „Slowenien nimmt die Meinungsfreiheit sehr ernst“

„Es ist wahr“, sagte Janša in einem Interview mit dem spanischen „El Correo de Espana“ am 9. Mai. „Es ist unfassbar, dass die europäische Öffentlichkeit Zeuge einer Zensur wurde, die im Namen der größten demokratischen Institution Europas von der Europaabgeordneten Sophie in ‘t Veld durchgeführt wurde, ironischerweise durch eine Gruppe, die eigentlich die Meinungsfreiheit verteidigen sollte“, so der Regierungschef.
Die slowenische Regierung nehme die Meinungs- und Medienfreiheit sehr ernst, betonte Janša beim Interview. Mit Zensur sei das Land auch nicht „einverstanden, zumal die Erinnerung an die Zeiten, in denen Journalisten ihre Texte vor der Veröffentlichung zur Genehmigung an die kommunistische Parteizentrale schicken mussten, in der slowenischen Nation noch sehr lebendig“ sei.
„Der Unterschied zwischen Kommunismus auf der einen Seite und Demokratie und Gleichheit auf der anderen Seite ist der Unterschied zwischen dem Gulag und einer freien, wohlhabenden Gesellschaft“, sagte Janša.
Laut Informationen von „Süddeutsche Zeitung“ und „Spiegel“ wollte Janša ein Video namens „Angriffe auf Journalisten in Slowenien“ bei dem Treffen zeigen, das auf seine Bitte hin live übertragen wurde. Ein paar Stunden vor dem Beginn habe er das Video an die Organisatoren gesendet, diese wollten es aber nicht zeigen.

Video zeigt Gewalt gegen Journalisten

Das Video hat er dennoch per Twitter nach dem Treffen veröffentlicht: „Es ist wirklich bedauerlich, dass Sophie in ‘t Veld, die die Medienfreiheit in der EU überwachen soll, trotz vorheriger Absprache die Ausstrahlung eines Videos zensiert, das Probleme mit der Medienfreiheit und Angriffe auf Journalisten in Slowenien zeigt“, so der Regierungschef am 26. März.

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Die Aufnahmen zeigen, wie Journalisten unter verschiedenen Umständen von Demonstranten und anderen Personen angegriffen werden – bei einem Fall ist sogar ein tätlicher Angriff zu sehen (ab Minute 1:51). Warum das Video nicht gezeigt wurde, wurde damit begründet, dass es nicht üblich sei, an solchen Veranstaltungen Aufnahmen zu zeigen und laut „Spiegel“ war die Datei zu spät eingereicht worden.
Daraufhin warf Janša der Abgeordneten in ‘t Veld Zensur vor und verließ die Sitzung. Sein Kulturminister, Vasko Simoniti, hat sich kurz darauf entfernt.
Wenn es um Zensur und Meinungsfreiheit geht, erwarte Janša mehr von der Europäischen Volkspartei (EVP) und auch „mehr Engagement von anderen Parteien im Europäischen Parlament“, sagte er im Interview. „Um ehrlich zu sein, würde ich erwarten, dass sich alle Fraktionen im Europäischen Parlament klar gegen Zensur aussprechen“, betonte der Regierungschef.
Er mahnt an, die Werte der Gründerväter der Europäischen Union anzuerkennen. Diese sehe er ernsthaft in Gefahr, wenn „wir dem Erbe nicht treu bleiben“. „Wir täten gut daran, den Brexit als ausreichende Warnung zu beherzigen.“

Barley: „Janšas Verhalten ist eine Posse“

Die Abgeordneten reagierten empört und gleichzeitig besorgt über das Verhalten des Regierungschefs. „Janšas Verhalten vor unserem Parlamentsausschuss ist eine Posse und eines Regierungschefs unwürdig“, sagte die SPD-Europaabgeordnete Katarina Barley der Nachrichtenagentur „dpa“.
Anstatt sich den Fragen zu stellen, habe Janša kalte Füße bekommen und sei aus dem laufenden Treffen geflohen.
Sie warnte davor, die negative Entwicklung der Rechtsstaatlichkeit im EU-Mitgliedsland Slowenien weiter zu ignorieren. Das Land übernimmt am 1. Juli die rotierende Ratspräsidentschaft in der EU und kann die Tagesordnung im EU-Betrieb stark beeinflussen.
Der slowenische Regierungschef Janez Janša setze Journalisten unter Druck und habe sogar versucht, einen Ausschuss des Europaparlaments für seine Propaganda zu missbrauchen, so Barley: „Es ist unglaublich. Janša ist der einzige EU-Regierungschef, der Donald Trump im vergangenen November zum Wahlsieg gratuliert hat. Er ist ein enger Freund Orbáns und hat sich von Orbán im Wahlkampf unterstützen lassen.“
Auch seien einige Medien in Slowenien inzwischen unter das Dach der ungarischen Stiftung Kesma geschlüpft, zu der auch Hunderte regierungsnaher Medien aus Ungarn gehörten. Zwar sei die Lage in Slowenien „noch nicht so schlimm wie in Ungarn“, sagte Barley: „Aber Janša ist auf dem Weg dahin.“
Es sei dringend an der Zeit, dass die EU jetzt reagiere und Janša zu einer Kurskorrektur auffordere.
Der 62-jährige Janša ist seit März 2020 zum dritten Mal Ministerpräsident in Slowenien.
(Mit Material von dts)

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