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So arbeitet das EU-Parlament während der Corona-Pandemie

Soziale Distanzierung gilt auch für Politiker. Wie gehen die EU-Abgeordneten damit um? David Sassoli, Parlamentspräsident beschreibt die Sitzung im EU-Parlament: „speziell und untypisch“.

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Sitzung im EU-Parlament.

Foto: KENZO TRIBOUILLARD/AFP über Getty Images

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Lesedauer: 4 Min.

Die Institution der Europäische Union ist auf den Grundsteinen der Solidarität, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entstanden. Dazu gehören die grundlegenden Formen der Politik, wie ein Parlament, die Sicherung der Gesetzgebung, wichtige Entscheidungen über Maßnahmen, etc. – man könnte die Liste ewig weiterführen.
In der Krise, welche mittlerweile die ganze Welt betrifft, gestalten sich diese grundlegenden Formen sehr schwierig. David Sassoli, Parlamentspräsident beschreibt die Sitzung im EU-Parlament: „speziell und untypisch“.
Doch wie gehen die Abgeordneten damit um? Gibt es Maßnahmen zur Sicherung der Funktionen des EU-Parlamentes?

„Der Saal ist fast leer“

„Der Saal war fast leer, selbst für eine Ansprache des Präsidenten. Ein Abgeordneter trug eine Gesichtsmaske. Und die Abgeordneten stimmten zum ersten Mal in der 62-jährigen Geschichte der Versammlung per Fernwahl ab. Willkommen im Europäischen Parlament im Zeitalter der sozialen Distanzierung“, schreibt die politische Zeitschrift „Politico“.
David Sassoli war zwei Wochen lang zu Hause geblieben, weil er sein Heimatland Italien besucht hatte: „Es ist das erste Mal, dass ein demokratisches Parlament die Fernteilnahme anwendet, das ist noch nie zuvor geschehen“, sagte der Parlamentspräsident den Abgeordneten nach einer ersten Runde von Abstimmungen per E-Mail. Das Parlament ist auf Experimente angewiesen, stellt Sassoli fest.
Am Donnerstag (26.3.) fand eine Sonderplenarsitzung des EU-Parlamentes statt, an der Notfallmaßnahmen für die Bekämpfung der Corona-Pandemie verabschiedet wurden. Nach Meinung der „Politico“-Autorin Maïa de la Baume war die Sitzung „eine Mischung aus dem Seltsamen, dem Surrealen und dem Historischen“. Von den 705 Abgeordneten waren nur eine Handvoll anwesend, die anderen waren per Video-Übertragung zugeschaltet.
Sitzungen dauern in der Regel vier Tage – bei der Sitzung am Donnerstag wurden aber alle Punkte an einem Tag abgearbeitet. Grund sei die zwingende Lage wegen der Corona-Pandemie gewesen. Es war dringend wichtig, die Freigabe von 37 Milliarden Euro an EU-Fördermitteln für die Mitgliedsregierungen zu erteilen.

„Corona schickt das Parlament ins 21. Jahrhundert“

Das „Voting“ passiert normalerweise durch Handhebung, aber da nur wenige Abgeordnete physisch bei der Sitzung anwesend waren, wurde zu einer etwas moderneren Methode zugegriffen: Die EU-Politiker haben Formulare ausgedruckt, unterschrieben und dann eingescannt per E-Mail an das Parlament geschickt. „Corona schickt das Europäische Parlament ins 21. Jahrhundert“, schrieb Lara Wolters, niederländische Abgeordnete in einem Tweet. Für manche waren solche technologischen Fortschritte schon längst überfällig.
Andere Abgeordnete wiesen darauf hin, dass diese Art abzustimmen keine endgültige Lösung sein kann. Die bulgarische Abgeordnete Eva Maydell befürwortete zwar ebenfalls die Neuerung, sie fügte jedoch in einem Tweet hinzu: „Diese Art der Abstimmung ist nur für Einzelabstimmungen möglich. Wir brauchen eine andere Lösung für längere Abstimmungen“, so Maydell.
Dita Charanzová von der „Renew Europe“-Gruppe sagte „Politico“, das Parlament hätte vollständig digitalisiert werden müssen. Sie bedauerte außerdem, dass Mitarbeiter wie Platzanweiser im Gebäude sein mussten, obwohl die Menschen eigentlich zu Hause bleiben sollten.
„Wir sind jetzt ein digitales Parlament, niemand sollte das Risiko eingehen müssen, nur wegen ein paar Mitgliedern in einem leeren Saal“, sagte Charanzová. „Es ist lächerlich, die Kommission und einige Abgeordnete dort zu sehen. Wir hätten für dieses Plenum und für alle zukünftigen Plenarsitzungen vollständig digital arbeiten sollen, bis die Krise vorbei ist“, sagte die EU-Politikerin.

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