2023: Mehr Einbürgerungen in Deutschland denn je – noch mehr erwartet
Im vergangenen Jahr erhielten mehr Ausländer die deutsche Staatsbürgerschaft als je zuvor. Die Einbürgerungswelle folgt der Flüchtlingswelle von vor acht Jahren. Inzwischen erfüllen viele Migranten die Voraussetzungen für eine Einbürgerung. Und die Modernisierung des Staatsangehörigkeitsgesetzes wird die Einbürgerungen ab Ende Juni noch erleichtern.

Der deutsche Reisepass.
Foto: iStock Pradeep Thomas Thundiyil
Erst Flüchtlingswelle, dann Einbürgerungswelle
Die Einbürgerungswelle folgt der Flüchtlingswelle der Jahre 2014 bis 2016. Entsprechend stellen Syrer die mit Abstand größte Gruppe mit 75.000 Einbürgerungen. 2015 gab es laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) circa 890.000 Erstregistrierungen von Schutzsuchenden.
Immer mehr Migranten, die damals Schutz erhielten, erfüllen mittlerweile die Voraussetzungen für eine Einbürgerung. Weil sie zum Beispiel Ausbildungen absolviert oder Sprachnachweise erworben haben oder inzwischen einfach lange genug im Land leben. Oder auch der Ehepartner. Denn für diese und auch minderjährige Kinder gilt keine Mindestaufenthaltsdauer in Deutschland.
Noch schnell(er) deutscher Staatsbürger werden
Aber auch dieser sprunghaft angestiegene Rekordwert könnte rasant weiter ansteigen. Der Grund dafür: die neuen Bestimmungen im deutschen Staatsangehörigkeitsgesetz.
Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart, die Hürden für die Einbürgerung zu senken und dieses Vorhaben auch auf den Weg gebracht. Anfang des Jahres beschloss der Bundestag eine Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes.
Ab dem 27. Juni 2024 beträgt die Mindestlaufzeit für eine Einbürgerung dann nicht mehr acht, sondern nur noch fünf Jahre. Bei besonderen Integrationsleistungen kann die Einbürgerungszeit sogar auf drei Jahre verkürzt werden. Die Zahl der „Mehrfachstaatsangehörigkeit“, der sogenannte Doppelpass, dürfte auch sprunghaft ansteigen; Bewerber müssen ihre bisherige Staatsangehörigkeit nicht mehr aufgeben.
Staatsangehörigkeitsgesetz versus „Staatsangehörigkeitsentwertungsgesetz“
Eine vom Deutschen Wirtschaftsdienst veröffentlichte Analyse sieht vor allem ein Schlüsselereignis verantwortlich, für eine zunehmende Spaltung der Gesellschaft: Die schon eingangs erwähnte Massenzuwanderung ab September 2015:
„Nachdem (…) mehr als 1 Mio. Menschen Zuflucht gesucht hatten, kam es zu einem Meinungsumschwung und viele begannen, den politischen Optimismus von Bundeskanzlerin Angela Merkel zu bezweifeln, der in ihrer Aussage ‚Wir schaffen das‘ zum Ausdruck kam.“ Der „Wirtschaftsdienst“ attestierte der Alternativen für Deutschland (AfD), dass sie wie keine zweite politische Partei von der „Flüchtlingskrise“ profitieren konnte.
Gesetzeslage dem politischen Weg angepasst
Einbürgerungen gab es in der BRD fortlaufend ab dem Gründungsjahr 1949. Zu der Zeit basierte das Einbürgerungsrecht hauptsächlich auf dem Grundgesetz und dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStAG) von 1913, bevor dieses 1964 durch das Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) abgelöst wurde. Diese bekommt seitdem regelmäßige Updates, wie jetzt am 27. Juni 2024.
Das Staatsangehörigkeitsgesetz seit 1964 regelte in der neuen Bundesrepublik die Bedingungen für die Einbürgerung von Ausländern. Wer eingebürgert werden wollte, musste einen bestimmten Zeitraum des legalen Aufenthalts in Deutschland nachweisen, Kenntnisse der deutschen Sprache und Kultur sowie die Bereitschaft, sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren.
Es wurden Bedingungen definiert, unter denen die deutsche Staatsangehörigkeit verloren gehen konnte, zum Beispiel durch den freiwilligen Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit ohne vorherige Genehmigung der deutschen Behörden. Bis auf Ausnahmen war die doppelte Staatsangehörigkeit nicht gestattet.
Maßgeblich war das Abstammungsprinzip. Die deutsche Staatsangehörigkeit konnte in erster Linie durch Abstammung erworben werden. Kinder, die von deutschen Eltern geboren wurden, erhielten demnach – Ius Sanguinis (wörtlich: Recht des Blutes) – automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Einbürgerung war in den 1950er- und 1960er-Jahren eher restriktiv und hauptsächlich auf Vertriebene und Flüchtlinge aus ehemaligen deutschen Ostgebieten beschränkt.
Zwei Seiten der Mauer
Aber es gibt auch noch eine andere Seite der Politmedaille, die hier nicht vernachlässigt werden soll: Auch die DDR, und zwar 1967, veröffentlichte ein Staatsbürgerschaftsgesetz. Während in der DDR-Verfassung von 1949 noch die einheitliche Staatsbürgerschaft für ganz Deutschland bestätigt wurde, gab es seit dem Staatsbürgerschaftsgesetz für die DDR zwei deutsche Staaten. Die BRD war zum Ausland geworden.
Das DDR-Gesetz basierte unter anderem auf dem Prinzip der doppelten Staatsbürgerschaft (DDR und BRD). In der BRD hingegen ging die Auffassung von einem deutschen Volk vor. Deshalb hatte, wer als Flüchtling aus der DDR in den Westen kam, automatisch Anspruch auf einen Pass der Bundesrepublik.
Nach der Wende erfolgte die Integration der DDR-Gesetze in die der BRD, überwiegend im Zuge der deutschen Wiedervereinigung. Das Staatsbürgerschaftsgesetz der DDR wurde durch das bundesdeutsche Staatsangehörigkeitsrecht ersetzt. Dies war ein zentraler Bestandteil des Einigungsvertrages von 1990, der die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Wiedervereinigung festlegte, am Ende die Eingliederung der DDR in die BRD.
DDR-Bürger bekamen automatisch die Staatsbürgerschaft der Bundesrepublik Deutschland.
Nach der Wende bis zur Jahrtausendwende
Zur Jahrtausendwende wurde das Gesetz um das Geburtsortprinzip erweitert. Seither erhalten auch in Deutschland geborene Kinder von zwei ausländischen Elternteilen die deutsche Staatsangehörigkeit ohne Einbürgerung. Es muss dafür mindestens ein Elternteil schon seit acht Jahren in Deutschland leben. Durch eine weitere Reform wurde 2014 der rechtliche Rahmen bereitet, unter bestimmten Bedingungen die doppelte Staatsangehörigkeit zu behalten, vorwiegend für in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder von ausländischen Eltern.
Aktuelle Artikel der Autorin
24. Januar 2025
Trump ordnet Freigabe von Unterlagen zum JFK-Attentat an
Kommentare
Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.
0
Kommentare
Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.