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plus-icon„Rechtsstaat am Ende: Ein Oberstaatsanwalt schlägt Alarm“

Alarm in Berlin: Oberstaatsanwalt veröffentlicht brisantes Buch und warnt vor Zerfall des Rechtsstaats

Berlins Justiz hat einen Rekordhaushalt von rund einer Milliarde Euro – und Berlin hat politische Parolen. Die Stadt werde sicherer. Doch dabei wird die Bevölkerung eher „verhöhnt und jedenfalls für dumm“ hingestellt, findet Oberstaatsanwalt Ralph Knispel. In seinem neuen Buch legt der Justizbeamte vom Kriminalgericht in Berlin den Finger in die Wunde der Bundeshauptstadt.

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Berlin. Foto: Istockphoto/elxeneize

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Lesedauer: 5 Min.

In Deutschland gibt es 5.882 Staatsanwälte und Staatsanwältinnen in Bund und Ländern. Ralph Knispel ist Oberstaatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Berlin und einer von ihnen. Gleichzeitig ist er Vorsitzender der Vereinigung Berliner Staatsanwälte e.V. – und gehört zu den Menschen, die ihren Beruf als Berufung sehen.
Im Interview mit dem Onlinemagazin „Tichys Einblick“ sprach der Jurist über sein neues Buch „Rechtsstaat am Ende: Ein Oberstaatsanwalt schlägt Alarm“, das auch im Buchshop der Epoch Times (hier) erhältlich ist.
Darin schreibt er: „All die Überraschungen und Enttäuschungen, die mein fast drei Jahrzehnte währendes Dienstleben bei der Staatsanwaltschaft geprägt haben, konnten mir meine Begeisterung für meinen Beruf nicht nehmen.“
Dieses Buch zu schreiben, habe der Berliner Oberstaatsanwalt als ein heiliges Anliegen empfunden. Der Mann, der in der Abteilung 234 für Kapitalverbrechen am Berliner Kriminalgericht in Moabit arbeitet, sieht sein Buch als „einen Weckruf“. Er will damit den Kampf aufnehmen, „den Rechtsstaat wieder in den Stand zu versetzen, dass die Bürger Vertrauen in ihn haben“.

Geld im Kampf gegen Kriminelle in Berlin reicht nicht

Knispel zufolge gibt es in Berlin durchaus Bemühungen, der Justiz zu mehr Stärke zu verhelfen. In den letzten Jahren habe die Staatsanwaltschaft mehr Personalzuwachs bekommen als in jeder Vorgängerregierung. Auch habe der Justizhaushalt erstmals die Höhe von gut einer Milliarde Euro erreicht. Allerdings reiche das – wenn man ehrlich ist – nicht aus, um der Bekämpfung der Kriminalität in der Hauptstadt Herr zu werden.
Mit seinem Buch will der Jurist verdeutlichen, dass die Politik Geld in die Hand nehmen muss, um die Strafverfolgungsbehörden, wie Justiz und Polizei, technisch und personell besser auszustatten, damit sie „den Kriminellen gegenüber annähernd auf Augenhöhe begegnen“ können.
In Berlins Politik stelle man „lebensfremde Vergleiche“ an, weil man die Bevölkerung „mit großstädtischem Flair und berlinspezifischer Kriminalität“ beruhigen wolle, so der Oberstaatsanwalt. Doch was steckt dahinter?
Während beispielsweise Bayern bei einer Aufklärungsquote von 67 Prozent bei den Straftaten liege, liege man in Berlin laut dem Oberstaatsanwalt nur bei 45 Prozent (2019), was im Umkehrschluss bedeute, dass 55 Prozent der Straftaten gar nicht aufgeklärt werden. „Da haben wir nur eine ganz geringe Aufklärungsquote“.

Berlin am Tabellenende bei der Strafverfolgung

Berlin liege seit vielen Jahren im deutschlandweiten Vergleich am Tabellenende und das entgegen den seit Jahren gleichbleibenden politischen Verlautbarungen, dass Berlin immer sicherer werde, betont Ralph Knispel. Mit solchen Aussagen wird „natürlich die Bevölkerung ein stückweit verhöhnt und jedenfalls für dumm“ hingestellt.
Spaßeshalber sagt er dazu: „Wenn wir weitere fünf, sechs, zehn Jahre warten, leben wir auf der Insel der Glückseligen und die Kriminalität dürfte annähernd verschwunden sein“.
Von den verantwortlichen Politikern wird auf die besondere Bedeutung der Hauptstadt hingewiesen. Als Begründung für die schlechte Aufklärungsquote wird darauf hingewiesen, dass es Flughafen, Bahnhöfe mit Rolltreppen und auch Touristen gibt.  Doch das gibt es auch in München, der Landeshauptstadt Bayerns mit einer weitaus höheren Aufklärungsquote, so Knipsel weiter.
In seinem Buch verweist der Oberstaatsanwalt darauf, es liege nicht daran, dass bayerische Polizisten „genetisch noch religiös oder ethnisch bedingt erfolgreicher oder besser sind als Berliner Polizistinnen und Polizisten“. Es sei einfach eine Frage der personellen und sachlichen Ausstattung und auch des Rückhaltes der Polizei.
Im Interview kam der Oberstaatsanwalt auf den Linksextremismus in Berlin zu sprechen. In die Rigaer Straße könne die Polizei nur in Gruppenstärke hinfahren. Hier habe die Politik lange Jahre Zustände hingenommen, die es umzukehren gelte.
Doch auch die Clankriminalität sei ein wunder Punkt. Es liege ihm fern, sämtliche Mitglieder eines Familienclans als kriminell anzusehen, es gebe auch keine kriminellen Clans an sich, so der Strafverfolgungsbeamte. Jedoch seien einige Clans „hochkriminell durchsetzt“ und würden Justiz und Polizei weitreichend beschäftigen. Doch auf politischer Seite gebe es ein ständiges Beklagen, dass hiermit Diskriminierungen verbunden seien.

Die große Gefahr des Zerfalls

Eine große Gefahr sieht Knispel im gesellschaftlichen Zerfall. Der familiäre und gesellschaftliche Zusammenhalt sind Grundpfeiler einer funktionierenden Demokratie und damit auch des Rechtsstaates. Doch das Vertrauen in den Rechtsstaat fehle in weiten Teilen der Bevölkerung. Das „sollte bei allen Verantwortlichen einen schrillen Alarm auslösen“. Hier bedürfe es eines politischen und eines gesellschaftlichen Umschwungs, betont der Oberstaatsanwalt.
Der weiter fortschreitende Verfall des Rechtsstaates, der Kontrollverlust, der Vertrauensverlust – deshalb wende sich die Bevölkerung politisch randständigen und extremistischen Kreisen zu: „Und darin besteht eine ganz große Gefahr für die Demokratie.“ Dem müsse die demokratische Mitte dieses Staates entgegenwirken und die Menschen wieder auf den Weg der Demokratie zurückführen. (sm)

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