
Bußgeld-Prozess: Keine Klarheit nach Drosten-Gutachten - Kann PCR-Test akute Infektion nachweisen?
Der Streit um den vom Chefvirologen der Berliner Charité, Prof. Dr. Christian Drosten, mitentwickelten PCR-Test als Diagnostikum, um eine akute Infektion mit dem neuartigen Coronavirus nachzuweisen, geht weiter.

Christian Drosten. Foto: MICHAEL KAPPELER/POOL/AFP via Getty Images
Foto: MICHAEL KAPPELER/POOL/AFP via Getty Images
Nachdem eine im Rhein-Neckar-Kreis lebende Frau am 23. September 2020 aus Serbien eingereist war, wurde von ihr neben einer Quarantäne ein ärztliches Zeugnis (PCR-Test) verlangt, das die Frau jedoch auch mit Frist zum 8. Oktober nicht vorlegte. Serbien galt zum damaligen Zeitpunkt als Risikogebiet.
Nach einem Bußgeldbescheid über 153,50 Euro vom zuständigen Landratsamt zog die Frau vor Gericht. Aktuell wehrt sie sich am Amtsgericht Heidelberg gegen das verhängte Bußgeld und engagierte die Fachanwältin für Medizinrecht Beate Bahner.
Nach Angaben des „Nordkuriers“ ist die wichtigste Frage im Verfahren die, „ob der PCR-Test geeignet sei, eine akute Infektion im Sinne des Infektionsschutzgesetzes nachzuweisen“.
Bahner argumentiere, dass der PCR-Test nicht dazu geeignet sei, weil er aufgrund seiner hohen Empfindlichkeit regelmäßig falsch-positive Ergebnisse anzeige, und forderte Berliner Charité-Professor und Regierungsberater Christian Drosten als Gutachter an.
Am 31. März legte Professor Drosten schließlich sein Gutachten vor, das für Bahner aber entscheidende Fragen offen ließ, weshalb sie nun ein Ergänzungsgutachten beantragte.
Infektionsrisiko akut gegeben oder nicht?
Laut dem Virologen kommt bei „ordnungsgemäßer Anwendung und Einhaltung aller fachlichen Vorgaben“ ein positiver Befund eines für das SARS-CoV-2 entwickelten PCR-Tests dann vor, wenn es eine „nachweisbare Menge von Genmaterial des Virus“ nach dem Eindringen des Virus in Körperzellen mit Virusvermehrung gibt.
„Insofern lässt sich im Falle von SARS-CoV-2 klar bestätigen, dass ein ordnungsgemäß durchgeführter PCR-Test die Aufnahme des Krankheitserregers und seine nachfolgende Entwicklung oder Vermehrung im menschlichen Organismus nachweist.“
Für Rechtsanwältin Beate Bahner ist dies jedoch nicht der entscheidende Punkt. Professor Drosten habe sich in seinem Gutachten „nur mit dem Nachweis zurückliegender Infektionen beschäftigt“. Dass der PCR-Test das könne, sei unbestritten.
Es gehe im Infektionsschutzgesetz und damit auch in dem Verfahren jedoch „um den eindeutigen Nachweis akuter ansteckender Infektionen“. Die Frage sei, ob der PCR-Test die Ansteckungsgefahr zweifelsfrei belegen könne, wozu sich Professor Drosten aber bisher im Gutachten nicht geäußert habe.
Bahner: „Der PCR-Test ist ein nobelpreisgekröntes Diagnostikinstrument, welches kleinste DNA- und RNA-Schnipsel detektiert – und zwar noch Jahre und Jahrzehnte später. Hierauf kommt es in der Coronakrise nicht an.“
Es komme nicht darauf an, ob jemand vor sechs Monaten oder vor sechs Jahren mit Corona oder einem Grippevirus infiziert gewesen war. Es komme einzig und allein darauf an, ob die getestete Person akut infiziert sei, so die Medizinanwältin, die auf die rechtliche Lage verweist: „Die ‚Aktualität‘ und ‚Akutheit‘ schreibt §7 IfSG auch ausdrücklich vor.“
„Namentlich ist bei folgenden Krankheitserregern, soweit nicht anders bestimmt, der direkte oder indirekte Nachweis zu melden, soweit die Nachweise auf eine akute Infektion hinweisen: (…)44a. Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus (SARS-CoV) und Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus-2 (SARS-CoV-2)“
(Infektionsschutzgesetz – IfSG, § 7 Meldepflichtige Nachweise von Krankheitserregern)
Fachanwältin Beate Bahner reichte nun beim Gericht weitere Fragen an Professor Drosten ein. (sm)
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