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CDU-Postenverteilung: Röttgens Kandidatur durchkreuzt Aussichten

Nach dem Fiasko bei der Wahl in Hamburg hat sich die CDU festgelegt. Am 25. April soll ein Sonderparteitag die Fragen klären.

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Annegret Kramp-Karrenbauer. Foto:Jens Schlueter/Getty Images

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Lesedauer: 6 Min.

Die Bürgerschaftswahl am Sonntag (23.2.) in Hamburg wurde für die CDU zu einem Fiasko – und zu einem Sonderparteitag der CDU am 25. April 2020. Obwohl die Partei 2015 mit 15,9 Prozent ohnehin bereits ein historisches Tief in der Hansestadt zu verzeichnen hatte, verlor der Landesverband gestern an Rückhalt und stürzte auf 11,2 Prozent ab – nur noch etwas mehr als zwei Prozent vor der Linkspartei.
Im Jahr 2004 hatte die CDU unter Ole van Beust mit 47,2 Prozent Stimmenanteil noch eine absolute Mandatsmehrheit erzielen können. Im Jahr 2011 kam es zum Absturz und die Partei verlor mit Van-Beust-Nachfolger Christoph Ahlhaus 20,7 Prozent. Seither hat die Union weitere knapp zehn Prozent abgegeben.

Bundespolitische Themen und Abbröckeln des eigenen Milieus schadeten CDU in Hamburg

Dass sich ihr traditionelles Milieu in der Hansestadt über eineinhalb Jahrzehnte weitestgehend aufgelöst zu haben scheint, war offenbar nur ein Faktor hinter dem gestrigen Ergebnis. Auch der angekündigte, aber noch nicht datierte Rücktritt von Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer und die Abrede mit der Linkspartei nach der vorherigen Kemmerich-Volte in Thüringen haben unzweifelhaft ihren Teil zum Verlust eines weiteren knappen Drittels ihrer Wähler in Hamburg beigetragen.
Nun will die Union offenbar die Flucht nach vorn antreten und zumindest die leidige Frage, wer die Partei in die Bundestagswahl führen soll, einer Klärung zuführen. Die Fastenzeit wird der Findung dienen. Am 25. April, zwei Wochen nach Ostern, soll ein Parteitag den neuen Parteivorsitzenden küren. Damit dürfte aber – weil kaum damit zu rechnen sein wird, dass die CDU eine erneute Debatte um den Kanzlerkandidaten führen will – auch die Person feststehen, die an der Spitze der Union in den Bundestagswahlkampf gehen wird.
Ob dieser wie geplant 2021 oder aber bereits vorzeitig im kommenden Herbst stattfinden wird, ist noch offen und wird vom Ausgang der Entscheidungsfindung abhängen. Die nunmehrige Eile der CDU bei der Entscheidung über die Kramp-Karrenbauer-Nachfolge wird auch den Druck auf Angela Merkel verstärken, das Kanzleramt zu verlassen. Da im Herbst Kommunalwahlen im bevölkerungsreichen NRW und die EU-Ratspräsidentschaft auf dem Programm stehen, wird man in der Partei versuchen, einen geordneten Übergang sicherzustellen.

Diesmal keine Regionalkonferenzen mehr

Wie die Entscheidungsfindung hinsichtlich der Kramp-Karrenbauer-Nachfolge vonstattengehen kann, ohne die Partei noch weiter zu beschädigen, ist auch nach der ersten Krisensitzung am Montag im Adenauerhaus noch nicht klar. Es soll ein offener Machtkampf vermieden werden. Auch deshalb wird es anders als bei der Vorsitzendenwahl 2018 keine Regionalkonferenzen zur Präsentation der Kandidaten geben.
Stattdessen beauftragen Parteipräsidium und -vorstand die Parteizentrale, in Abstimmung mit den Kandidaten ein Verfahren für den Weg bis zum Parteitag in achteinhalb Wochen auszuarbeiten. Kandidaten müssen dabei von mindestens einem Kreisverband unterstützt werden.
Es ist allerdings möglich, dass ein neuer Kandidat noch während des Parteitags von einem Delegierten vorgeschlagen wird. Und das kann bedeuten, dass sogar am Tag des Parteitages selbst Überraschungskandidaten ihren Anspruch auf den Parteivorsitz anmelden, die zuvor noch keiner auf dem Schirm hatte.
Das Wunschszenario im Adenauerhaus war es eigentlich gewesen, dass sich die Nachfolgeaspiranten Friedrich Merz, Jens Spahn und Armin Laschet einvernehmlich auf die Besetzung der künftigen CDU-Spitze einigen. Bis ins Wochenende hinein beriet Kramp-Karrenbauer in Einzelgesprächen mit den Interessenten über das weitere Vorgehen. Ein abgestimmtes Personaltableau ist dabei aber nicht herausgekommen. Kramp-Karrenbauer erhielt nach eigenen Angaben von den Interessenten im persönlichen Gespräch immerhin die Zusage, sich „selbst nach einer strittigen Entscheidung“ auf dem Parteitag „erkennbar und sichtbar in die weitere Arbeit der CDU“ einzubringen.

Röttgens Kandidatur

Die Hoffnung auf einen erfolgreichen Handel zwischen Merz, Spahn und Laschet im Vorfeld der Entscheidung über Vorsitz und Kanzlerkandidatur brachte unter anderem das Gerücht in die Welt, das Trio könnte Vorsitz, Kanzlerkandidatur und Fraktionsvorsitz unter sich aufteilen. Diese Aussicht zerschlug sich jedoch spätestens in dem Moment, da der Außenpolitiker Norbert Röttgen mitteilte, sich um die Nachfolge bewerben zu wollen.
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) hat an die möglichen Kandidaten für den CDU-Parteivorsitz appelliert, das Votum des hierfür anberaumten Parteitags Ende April zu akzeptieren. Er erwarte von allen möglichen Kandidaten, „dass sie die Entscheidung des Parteitags akzeptieren und danach loyal mitarbeiten“, sagte Brinkhaus den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.
Kramp-Karrenbauer machte auch heute wieder deutlich, dass mit der Wahl des neuen Parteichefs auch eine Vorentscheidung über die Kanzlerkandidatur verbunden sei. Die Neuwahl am 25. April sei „für uns auch das klare Signal für den Kanzlerkandidaten oder die Kanzlerkandidatin“. Von dem Gewählten erwarte sie dann auch die Bereitschaft zur „guten Zusammenarbeit“ mit der Bundestagsfraktion und mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die erst im kommenden Jahr aus dem Amt scheiden will.
Ob sie diesen Wunsch erfüllt bekommt, hängt nicht nur von der Union ab. Inwieweit der gestrige SPD-Erfolg in Hamburg die Sozialdemokraten im Bund animiert, die Koalition bis zum regulär geplanten Bundestagswahltermin aufrechtzuerhalten, oder ob sie die Schwäche der Union nutzen werden, um Neuwahlen zu provozieren, muss sich noch weisen.
(Mit Material von AFP)

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