Offenburg: Kein „lustiges Zigeunerleben“ mehr im Glockenspiel am Rathaus
Weil ein Grünen-Politiker, der auch der Community der Sinti und Roma angehört, "Diskriminierung" witterte, forderte er die Entfernung eines bekannten deutschen Volksliedes aus dem Repertoire des Rathausturm-Glockenspiels in Offenburg. Seine Intervention hatte Erfolg.

Facade of old city hall
Foto: 1741, Hauptstrasse, Offenburg, Germany
Wie das Portal „Baden online“ berichtet, wird im etwa 140 Musikstücke umfassenden Repertoire des Glockenspiels auf dem Dach des Historischen Rathauses in Offenburg künftig ein Titel fehlen. Ab Februar sollte turnusmäßig unter anderem auch wieder die Melodie zu dem aus dem 19. Jahrhundert stammenden Volkslied „Lustig ist das Zigeunerleben“ erklingen. Diese wird nun jedoch ersatzlos gestrichen.
Die Entscheidung fiel in Reaktion auf eine Intervention des örtlichen Grünen-Politikers Dislo Benjamin Harter, der Angehöriger der Volksgruppe der Sinti und Roma ist und einen Sitz im Integrationsbeirat der Stadt innehat. Die Stadtverwaltung entsprach nicht nur der Forderung Harters, das Stück aus dem Portfolio zu entfernen. Sie distanzierte sich in anschließend sogar noch in einer Mitteilung „ausdrücklich von der diskriminierenden Wortwahl“, die in dem Lied zum Ausdruck komme.
Text des Liedes würde „negative Klischees bedienen“
Harter äußerte zuvor in einem Schreiben, in dem Volkslied, das zuvor lediglich in Instrumentalfassung vom Glockenturm erklungen war, würden „negative Klischees“ über Sinti und Roma verbreitet. Der Volksgruppe würde in dem Text dazu unter anderem angedichtet, von Diebstahl und Betrug zu leben oder sich der Steuerpflicht zu entziehen.
Im überlieferten Text ist tatsächlich die Rede davon, dass man „dem Kaiser kein Zins zu geben“ brauche. Zudem ist die Rede von Wilderei und davon, „einen Taler wechseln“ zu lassen und „die Zigeunerkunst zu treiben“, damit dieser wieder zurückkehre – was als Hinweis auf Diebstahl oder illegales Glücksspiel interpretiert werden kann.
Der Text des Volksliedes, das zuerst im Elsass, in Schlesien und in Tirol nachgewiesen wurde, nimmt in romantisierender Weise Bezug auf die nomadische Lebensweise einiger Stämme der Volksgruppe. Diese war in Europa durch die Geschichte hindurch jedoch weniger stark verbreitet als es gängigen Darstellungen entsprach. Wanderungsbewegungen waren zudem häufig unfreiwillig.
Abweichende Varianten nehmen Berufsgruppen aufs Korn
Der Freiburger Reichstag erklärte Sinti, Roma und andere Zigeunerstämme 1498 für vogelfrei. Damit waren sie rechtlos und der Aufenthalt im gesamten Reich war ihnen verboten. Hintergrund der Maßnahme war die Annahme, Sinti und Roma würden als Spione der Osmanen fungieren. Aus diesem Grund wurden Angehörige der Volksgruppen, die sich in mitteleuropäische Regionen begeben hatten, regelmäßig davongejagt und Siedlungsversuche unterbunden. In Osteuropa hingegen bestanden bereits in früheren Jahrhunderten feste Siedlungen. Insgesamt sollen von den zehn bis zwölf Millionen Roma weltweit maximal fünf Prozent als freiwillige Nomaden leben.
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