
DKHG warnt vor FFP2-Maskenpflicht für alle
Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) warnt davor, die FFP2-Maskenpflicht im Nahverkehr und beim Einkauf auch auf andere Bundesländer auszudehnen. Den Bayern empfiehlt die Organisation, die FFP2-Maskenpflicht zu überdenken.

Nutzen und Risiken des Tragens von FFP2-Masken sind umstritten.
Foto: iStock
Monatelang galt die Mund-Nasen-Bedeckung in Verbindung mit der Abstandsregelung als Präventionsmaßnahme Nummer eins zur Eindämmung des Coronavirus. Nun haben sich die Länderchefs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel darauf verständigt, dass beim Einkaufen und im Personennahverkehr eine Pflicht zum Tragen von medizinischen OP-Masken getragen werden müssen; in Bayern sind FFP2-Masken Pflicht.
Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene und die Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin hat in ihrer Stellungnahme vom 15. Januar dringend zu einer Überprüfung der FFP2-Maskenpflicht geraten.
„Das Tragen von Partikelfiltrierenden Halbmasken (FFP2) zum Eigenschutz der Mitarbeiter wird lediglich bei Aerosol generierenden Maßnahmen unter anderem auf Intensivstationen oder in der unmittelbaren Betreuung von Covid-19-Patienten beziehungsweise bei der Verdachtsabklärung als erforderlich angesehen“, heißt es in der Begründung.
Bei der jetzt in Bayern vorgeschriebenen Verwendung von FFP2-Masken in der Öffentlichkeit müsse Folgendes berücksichtigt werden:
„Nach Angaben des Robert-Koch-Institutes, ist das Tragen von FFP2-Masken durch geschultes und qualifiziertes Personal im medizinischen Bereich im Rahmen des Arbeitsschutzes vorgeschrieben, wenn patientennahe Tätigkeiten mit erhöhtem Übertragungsrisiko durch Aerosolproduktion, zum Beispiel eine Intubation, durchgeführt werden.“
Beim bestimmungsgemäßen Einsatz von FFP2-Masken müsse eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung im Voraus angeboten werden. Insoweit sollten die Risiken, die durch den erhöhten Atemwiderstand entstehend, für den individuellen Anwender medizinisch bewertet werden. Der Schutzeffekt der FFP2-Maske sei nur dann umfassend gewährleistet, wenn sie durchgehend und dicht sitzt, sich also an das Gesicht anpasst und auf der Haut abschließt.
Auch eine FFP2-Maskenpflicht für Lehrer und ältere Schüler befürworten die Experten nicht, da diese „nicht zu einer Verbesserung des Infektionsschutzes“ führe.
„Bei der Anwendung durch Laien ist ein Eigenschutz über den Effekt eines korrekt getragenen Mund-Nasenschutzes (MNS) hinaus daher nicht zwangsläufig gegeben“, schreiben die Experten.
Tragezeiten und Pausen laut Arbeitsschutz
In den „Empfehlungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zum Einsatz von Schutzmasken im Zusammenhang mit SARS-CoV-2“ würden FFP2-Masken nicht zur privaten Nutzung empfohlen. Es wird darauf hingewiesen, dass gemäß Vorgaben des Arbeitsschutzes die durchgehende Tragedauer von FFP2-Masken bei gesunden Menschen begrenzt ist.
In der Regel solle nach 75 Minuten eine 30-minütige Pause folgen, um die Belastung des Arbeitnehmers durch den erhöhten Atemwiderstand zu minimieren.
Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene gibt zu bedenken, dass es keine Untersuchungen zu den gesundheitlichen, gegebenenfalls auch langfristigen Auswirkungen der Anwendung von FFP2-Masken außerhalb des Gesundheitswesens wie bei vulnerablen Personengruppen oder Kindern gibt. Dies sei durch den zweckbestimmten, zielgerichteten Einsatz der FFP2-Masken bedingt.
Bei Gesundheitspersonal seien Nebenwirkungen wie beispielsweise Atembeschwerden oder Gesichtsdermatitis infolge des abschließenden Dichtsitzes beschrieben worden. Beim Einsatz bei Personen mit eingeschränkter Lungenfunktion oder älteren Personen seien gesundheitliche Auswirkungen nicht auszuschließen.
Nutzen-Risiko-Abwägung, auch bei FFP2-Masken
„Die Anwendung durch Laien, insbesondere durch Personen, die einer vulnerablen Personengruppe angehören, sollte grundsätzlich nur nach sorgfältiger Abwägung von potentiellem Nutzen und unerwünschten Wirkungen erfolgen“, heißt es in der Stellungnahme.
Diese Abwägung sollte möglichst ärztlich begleitet werden, um über die Handhabung und Risiken aufzuklären, einen korrekten Dichtsitz zu gewährleisten, die für den Träger vertretbare Tragedauer unter Berücksichtigung der Herstellerangaben individuell festzulegen und gesundheitliche Risiken und Folgen zu minimieren.
„Es gibt zunehmend Hinweise, dass auch in Krankenhäusern und Pflegeheimen im Zusammenhang mit Ausbrüchen trotz Wechsel von MNS [Mund-Nasenschutz] auf FFP2/KN95 Übertragungen stattfinden, zum Beispiel wegen nicht korrektem Tragen, hohen Leckagen durch fehlende Gesichtsanpassung, fehlerhaftem Umgang mit der Maske beim An- und Ausziehen oder durch Verwendung von insuffizienter Importware ohne oder mit gefälschter CE-Kennzeichnung“, schreiben die Autoren der Stellungnahme weiter.
Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Auswirkungen rät die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene dringend dazu, die bayerische Empfehlung einer kritischen Überprüfung zu unterziehen.
Keine bundesweite FFP2-Maskenpflicht
Vor einer Übernahme der bayerischen Verordnung durch andere Bundesländer rät die Organisation ab. Mit den bisherigen, sich gegenseitig ergänzenden Maßnahmen wie Abstandsregel, Alltagsmaske, Hygienemaßnahmen und ausreichende Lüftung würden die Ziele des Infektionsschutzes bei korrekter und konsequenter Einhaltung in der Öffentlichkeit gewährleistet.
Eine weitere Verbesserung des Infektionsschutzes könne durchaus erzielt werden, wenn ausreichend medizinische Mund-Nasenschutz-Masken vorhanden wären, ohne dass es zu Engpässen in Kliniken und Pflegeheimen käme. Der medizinische Mund-Nasenschutz habe im Gegensatz zu Alltagsmasken definierte Filtereigenschaften und sei im Vergleich zu FFP2-Masken kostengünstig. Er könne auch länger getragen werden.
„Die jetzige Verpflichtung zum Tragen von FFP2-Masken in Bayern verunsichert die Bevölkerung im Hinblick auf die Sinnhaftigkeit der bisherigen AHA+L-Regel. Wenn eine Optimierung des Infektionsschutzes durch Masken erforderlich ist, dann sollte die Bevölkerung stattdessen zum korrekten Tragen, Prüfung auf Dichtsitz und Vermeidung von Leckagen der bisherigen Mund-Nasenbedeckungen motiviert werden.“
Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene verweist abschließend auf ihren „Corona-Knigge“, in dem beispielsweise auch Munddesinfektionen empfohlen werden, um die Viruslast im Mund-Nasen-Rachenraum zu reduzieren. Abstand sei jedoch die effektivste Maßnahme. „Draußen im Freien schützt der Abstand zu 100 Prozent, auch ohne Maske.“ In der Broschüre heißt es auch: „Masken sind grundsätzlich nicht gesundheitsschädlich, solange sie jederzeit abgesetzt werden können.“
Zu einem anderen Ergebnis kam der Kinderarzt Eugen Janzen in seiner Studie. Eine allgemeine Maskenpflicht für Kinder sei ohne Berücksichtigung möglicher körperlicher Gegebenheiten oder psychischer Auswirkungen auf das individuelle Kind aus meiner medizinischen Sicht unvertretbar. Die Frage, ob eine Maske getragen werden kann oder nicht, könne nur eine individuelle Einzelfallentscheidung sein. „Valide Daten zur Beurteilung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses von Masken sind laut WHO dringend geboten, gerade auch für Kinder. Es gibt mittlerweile viele randomisierte klinische Studien und epidemiologische Beobachtungen, die den Nutzen einer Maske als Virenschutz relativieren oder gar widerlegen“, so Janzen. (sua)
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