
Erneut Proteste in Upahl: Landrat kritisiert schleppende Abschiebungen
In der kleinen Gemeinde Upahl in Mecklenburg-Vorpommern ist es erneut zu Protesten gegen die Unterbringung von Asylsuchenden gekommen. Trotz der Integrationserfolge kritisiert der Landrat Tino Schomann die schleppende Abschiebung und mangelnde Alternativen.

Standort einer Unterkunft für Asylsuchende: Upahl im Landkreis Nordwestmecklenburg.
Foto: Bernd Wüstneck/dpa
Am Sonntag, 6. Oktober, ist es in der Gemeinde Upahl nahe Grevesmühlen im Landkreis Nordwestmecklenburg, Mecklenburg-Vorpommer, zu erneuten Protesten gegen die Unterbringung von Asylsuchenden gekommen. Im Herbst des Vorjahres wurden erstmals 250 Asylsuchende dort einquartiert.
Die Gemeinde selbst zählt lediglich 500 Einwohner. Dies hatte bereits damals zu Protesten von Bewohnern geführt. Das Innen- und Bauministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern hatte die Errichtung eines Containerdorfes verfügt – die Kreisbaubehörde hat eine Baugenehmigung erteilt. Mittlerweile ist eine Laufzeitverlängerung erfolgt.
Landrat kritisiert Verlängerung der Unterbringung in Upahl
Viele im Vorfeld der Unterbringung geäußerte Befürchtung haben sich nicht erfüllt, konstatiert der zuständige Landrat Tino Schomann im Interview mit dem „Nordkurier“. Es habe in dem Containerdorf, das im Gewerbegebiet steht, zwar „kleinere Konflikte unter den Bewohnern der Unterkunft“ gegeben. Diese ließen sich in einer solchen Wohnsituation jedoch nicht vollständig vermeiden.
Außerhalb der Unterkunft habe es jedoch keine nachteiligen Entwicklungen gegeben. Die Integration sei in befriedigender Weise vonstattengegangen. Dies sei „auf die Bemühungen aller Beteiligten zurückzuführen“ gewesen.
Mit der Laufzeitverlängerung sei er wenig glücklich, erklärte der CDU-Politiker. Zum Zeitpunkt der Entscheidung habe man jedoch keine anderen Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung gehabt. Schomann erklärt:
„Weil das Land Mecklenburg-Vorpommern zu langsam gearbeitet hat und dies heute immer noch tut, war die Verlängerung von Upahl die einzig mögliche Konsequenz.“
Im Jahr 2024 wurden 24 Abschiebungen vollzogen
Wie lange die Unterbringung von Geflüchteten in Upahl aufrechterhalten werde, sei ungewiss. Die Laufzeitverlängerung gelte vorerst für ein Jahr. Das Innenministerium habe sich einmal mehr über die Versagung des Einvernehmens durch die Gemeinde hinweggesetzt. Der Landrat erklärte jedoch, er werde „alles, was in meiner und der Macht des Landkreises steht, versuchen, damit die Unterkunft in Upahl verschwindet“.
Schomann beklagt im Gespräch mit dem „Nordkurier“ insbesondere die aus seiner Sicht zu schleppend stattgefundene Abschiebung aus dem Landkreis. Es konnten 2024 insgesamt 24 aufenthaltsbeendende Maßnahmen vollzogen werden – allerdings nur, weil zwei Großfamilien betroffen gewesen seien.
Allerdings gebe es im Landkreis nach wie vor mehrere Hundert Personen, die eigentlich aus Deutschland abgeschoben werden müssten. Ihnen stünde ein Asylanspruch auf Grundlage des Artikels 16 Grundgesetz nicht zu.
Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien nach wie vor umstritten
Die Hälfte der Asylbewerber im Landkreis Nordwestmecklenburg verfüge lediglich über einen Geduldeten-Status, so Schomann. Dieser betreffe vor allem Länder wie Syrien, Afghanistan und den Iran. Dorthin werde nicht abgeschoben. Zur syrischen Regierung und zur De-facto-Regierung in Afghanistan bestehen keine diplomatischen Beziehungen, weil die Bundesrepublik Deutschland diese nicht anerkennt.
Nach der Machtergreifung durch die fundamentalistischen Taliban-Milizen in Afghanistan im August 2021 hatte die Bundesregierung einen grundsätzlichen Abschiebestopp nach Afghanistan verfügt. Gleiches gilt seit längerer Zeit mit Blick auf Syrien. Im Juli hatte jedoch das Oberverwaltungsgericht in Münster geurteilt, dass eine Abschiebung nach Syrien unter bestimmten Umständen erlaubt sei.
Politiker aus Ampel und Opposition haben mit Bezug darauf gefordert, diese Möglichkeit auch mit Blick auf Afghanistan zu prüfen. In Österreich hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits eine Entscheidung getroffen, der zufolge dies bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zulässig sei.
Am 30. September schaffte die deutsche Bundesregierung erstmals seit Verhängung des Abschiebestopps wieder 28 afghanische Staatsangehörige außer Landes. In allen Fällen handelte es sich um Personen, die zuvor wegen schwerer Straftaten gegen Leib und Leben verurteilt worden waren. Ausgestattet mit einem Handgeld in Höhe von 1.000 Euro wurden sie nach Kabul ausgeflogen.
Landrat klagt über Kommunikation mit Schwerin
Der Landrat von Nordwestmecklenburg, Tino Schomann, plant derweil bereits eine anderweitige Nutzung des Geländes, sollte die Unterbringung der Flüchtlinge dort beendet sein. Er stehe „gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium MV bereits seit mehr als einem Jahr in guten Gesprächen“ mit einem großen westdeutschen Lebensmittelproduzenten. Dieser suche eine Fläche zum Kauf, deren Eigenschaften sich mit jener der derzeitigen Containerdorffläche in Upahl deckten.
Schomann erklärte, er würde mit dem heutigen Wissen „nicht mehr jedes Telefonat annehmen“. Vor allem mit Ministerpräsidentin Manuela Schwesig würde er „aus der Erfahrung heraus nur noch ungern“ telefonieren. Stattdessen würde er auf schriftlicher Kommunikation bestehen und diese nahtlos dokumentieren.
Zudem habe er „gelernt, nein zu sagen“. Er würde heute entschiedener handeln, so Schomann. Gegenüber dem „Nordkurier“ fügt er hinzu: „Wenn bei uns alle Plätze in Flüchtlingsunterkünften belegt wären, würde ich heute keine weiteren Menschen in Nordwestmecklenburg aufnehmen. Wenn das Land dann voll besetzte Busse schicken würde, dann müssten diese wieder umdrehen. Wenn voll, dann voll.“
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