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Überall sei die Bundesrepublik „zurückgefallen“

IWF fordert „großes staatliches Ausgabenprogramm“ in Deutschland

Der Industriestandort Deutschland ist auf dem absteigenden Ast. Nun werden die Rufe nach großen Investitionen laut, um gegenzusteuern. Die momentane Krise müsse „der Weckruf für eine neue grüne Wirtschaft in Deutschland sein. Dafür sollte die Bundesregierung alle Anstrengungen unternehmen“, sagt der Internationale Währungsfonds.

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Der Industriestandort Deutschland hat schon bessere Tage gesehen.

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Der Internationale Währungsfonds fordert die Bundesregierung auf, den Industriestandort Deutschland mit staatlichen Investitionen zu stärken. Das Land habe „zweifelsohne große, aktuelle Probleme“, sagte Alfred Kammer, Direktor der Europaabteilung des IWF, dem „Spiegel“. Ob Energie, Infrastruktur, Fachkräfte oder Digitalisierung: Überall sei die Bundesrepublik „zurückgefallen“.
Das koste Produktivität und Wachstum – und gefährde den Wohlstand. Obendrein sei Deutschland besonders von der sich ändernden Globalisierung betroffen, so Kammer. Was es jetzt brauche, sei ein „großes staatliches Investitionsprogramm“. Breitbandausbau, eine digitale Verwaltung und Energiesouveränität seien große Themen. Aber auch mehr öffentliche Mittel für funktionierende Schnellzugverbindungen, Autobahnen und Häfen seien wichtig.
Dazu solle ein Bildungsprogramm entstehen, um den Menschen zu ermöglichen, schneller und flexibler von einem Beruf in den anderen zu wechseln. Das könne obendrein das Fachkräfteproblem lösen. Ebenso fordert Kammer „mehr Anstrengungen beim Klimaschutz.“
Die momentane Krise müsse „der Weckruf für eine neue, grüne Wirtschaft in Deutschland sein. Dafür sollte die Bundesregierung alle Anstrengungen unternehmen“. Deutschland habe für eine solche Wende bessere Voraussetzungen als die meisten anderen Länder der Welt. Denn die öffentlichen Haushalte seien „finanziell immer noch weit besser in Schuss“ als vielerorts sonst, so Kammer.

Drei Szenarien für eine Kehrtwende

Angesichts dieser vielen Probleme hat die Politik nun mehr denn je die richtige Balance zu finden. Investitionen müssen an den richtigen Stellen einsetzen und im richtigen Maß stattfinden. Einem Bericht des „Handelsblatts“ zufolge gibt es hierfür drei mögliche Szenarien.
Im ersten Szenario leistet der Staat den Betrieben gegenüber zu wenig Unterstützung – er lässt sie mehr oder weniger im Stich. Dann drohe Deutschland die Deindustrialisierung, von der bereits viele sprechen. Noch mehr Unternehmen, als es jetzt bereits der Fall ist, geben auf oder wandern zu kostengünstigeren Standorten ins Ausland ab.
Beim zweiten Szenario würde die Bundesregierung hingegen zu wenig Anpassung fordern. Infolgedessen wandle sich Deutschland in eine ineffiziente Staatswirtschaft um. Beide Szenarien sollte der Staat vermeiden, wenn der Wohlstand Deutschlands gesichert sein soll.

Balance zwischen Fordern und Fördern

Als konkreten Lösungsansatz stellt das „Handelsblatt“ das dritte Szenario vor. Hierbei gelingt der Politik die Balance zwischen Fordern und Fördern. Dadurch ginge die deutsche Industrie aus der gegenwärtigen Krise so hervor wie aus bislang allen Krisen der Vergangenheit: noch stärker.
Es gelte, möglichst langfristig erträgliche Energiepreise für alle zu gewährleisten – für Bürger wie für Unternehmen. Ebenso soll die Bundesregierung an weiteren Standortfaktoren arbeiten, um für Zukunftsbranchen auch dann attraktiv zu sein, wenn die Energie andernorts billiger ist. Es umfasst auch ein attraktives Bildungssystem. Eine kurz- und mittelfristige gezielte Zuwanderung von qualifizierten Ausländern könne den deutschen Standort unterstützen. Die Bürokratie müsse zurückgefahren und effizienter werden. Zudem sollten die Entscheidungsträger die Infrastruktur – ob digital oder analog – weiter optimieren. So könne auch die Abwanderung vieler Unternehmen verhindert werden.
An diesen Hebeln sollte moderne Industriepolitik ansetzen, analysierte das „Handelsblatt“. Erst so könne eine Wirtschaftsstruktur entstehen, die sich immer wieder neu erfindet und dadurch kontinuierlich stärker wird. Innovationsfähigkeit sei die stärkste Form von Resilienz.

Ökonomen: Massive Zukunftsinvestitionen nötig

Auch deutsche Ökonomen mahnen Reformen an. Es brauche „einen Strukturwandel in nahezu allen Bereichen“, sagte DIW-Chef Marcel Fratzscher dem „Spiegel“. Die „Gleichzeitigkeit“ mache es so schwierig. Fratzscher fordert „jetzt, und nicht erst in zwei oder fünf Jahren, massive Zukunftsinvestitionen – sowohl in die wirtschaftliche als auch in die ökologische Transformation“.
Für Oliver Holtemöller, Ökonom am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH), ist das Querschnittsthema Digitalisierung ein Schlüssel. Hier sei die Bundesrepublik aber „international nur im Mittelfeld“ angesiedelt. Von den Bundesministerien bekomme er noch immer Faxe. Damit sei bereits alles gesagt.
(Mit Material von dts)

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