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NRW ruft finanzielle Notlage aus – und darf neue Schulden machen

Die NRW-Landesregierung stellt eine finanzielle Notlage fest. Damit darf sie neue Schulden aufnehmen und ein milliardenschweres Krisenpaket schnüren – ganz verfassungskonform.

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NRW-Regierungschef Hendrik Wüst.

Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

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Lesedauer: 4 Min.

Mit fünf Milliarden Euro will das Land Nordrhein-Westfalen die Energiekrise stemmen. Dafür müssen neue Schulden aufgenommen werden, was aber aufgrund der Schuldenbremse nicht möglich ist. Um diese zu umgehen, hat die schwarz-grüne Landesregierung nun eine finanzielle Notlage ausgerufen.

Haushaltsplan ist „verfassungswidrig“

Noch bis vor Kurzem hatte die Devise der Landesregierung unter Ministerpräsident Hendrik Wüst geheißen: Die Schuldenbremse bleibt, die „schwarze Null“ wird angestrebt. Im Haushaltsplan 2023 hatte Finanzminister Marcus Optendrenk eine Lösung vorgelegt, um auf die sich derzeit überlagernden Krisen zu reagieren.
Ein fünf Milliarden schweres Entlastungspaket sollte geschnürt werden. Gefüllt werden sollte es mit den bereits aufgenommenen, aber noch nicht ausgegebenen Krediten aus dem Corona-Rettungsschirm. Eine „Umwidmung“, wie Optendrenk erklärte.
Sein Plan geht so jedoch nicht auf. Der Landesrechnungshof machte dem Finanzminister einen klaren Strich durch die Rechnung – noch ehe der Haushaltsentwurf verabschiedet wurde.
„Sowohl die Kreditaufnahme im Jahr 2022 für den NRW-Rettungsschirm als auch deren vorgesehene Verwendung für die Krisenbewältigungs-Rücklage sehen wir als verfassungswidrig an“, schrieb Prof. Brigitte Mandt, Präsidentin des Landesrechnungshofs, in einer Stellungnahme.

NRW hat „Geld auf Vorrat“ angelegt

Das Land NRW hat in den Monaten Oktober und November dieses Jahres rund 4,15 Milliarden Euro Schulden für seinen Corona-Rettungsschirm aufgenommen. Zu dem Zeitpunkt hat der Bestand noch rund 3 Milliarden Euro betragen. Der Landesrechnungshof bezeichnet das als „verfassungswidrige Kreditaufnahme“.
Die Kredite könnten nämlich bei „noch so großen Anstrengungen bis Jahresende niemals für Coronamaßnahmen ausgegeben“ werden, erklärte Mandt im Interview mit der „Rheinischen Post“. Die Landesregierung hatte selbst verkündet, es gebe keine Ausnahmesituation im Zusammenhang mit der Coronapandemie mehr. Der Restbestand müsse richtigerweise zurückgegeben werden. Die Juristin schließt daraus, dass die Landesregierung „Geld auf Vorrat“ angelegt hat.
Es wurden zudem „Dinge finanziert, bei denen der Corona-Bezug fraglich ist“, fuhr Mandt fort. Der Haushalts- und Finanzausschuss musste die Mittel immer erst freigeben. Aber damit wurden letztlich „zum Teil andere Dinge finanziert“. Auch fehlte das erforderliche Monitoring, kritisierte sie.

Der Ausweg ist die Notlage

Ein gangbarer Ausweg für NRW sei, die Ausnahmeregelung der Schuldenbremse zu nutzen. Das ist möglich, wenn eine Notsituation besteht, erklärte die Präsidentin des Landesrechnungshofs.
Diesen Weg hat das CDU-geführte Land nun eingeschlagen. So heißt es in einer Pressemitteilung am 29.11.: NRW befinde sich in einer Rezession. Es gebe eine außergewöhnliche Notsituation, der „nur mit sofort und umfassend wirken­den Investitions- und Hilfsprogrammen begegnet werden“ könne.
Das Land sei von den steigenden Energiekosten „deutlich härter getroffen“ als andere Länder, so die Begründung. Die Wirtschaftsstruktur des Landes sei durch viele Grundstoffindustrien wie Metallverarbeitende oder chemische Branchen geprägt. Und diese sind besonders energieintensiv.
Harsche Kritik kommt aus der Opposition. Die wirtschaftliche Notlage sei schon vor vielen Wochen erkennbar gewesen, zitierte der „WDR“ SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty. Die Landesregierung wolle sich nicht eingestehen, dass es eine finanzielle Notlage gebe und dass neue Schulden nötig seien, um die Krisen zu überwinden.
Anfang November hatte das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (ifo) die Wachstumsprognose für NRW im dritten Quartal auf minus 2,8 Prozent geschätzt. Es ist mit Abstand der schlechteste Wert im Ländervergleich.
Nordrhein-Westfalen steht nicht allein mit seinem Versuch, die Schuldenbremse zu umgehen. Auch Bremen und Sachsen-Anhalt berufen sich in ihren Haushaltsplanungen auf eine Krisensituation. Rheinland-Pfalz hatte im April die Landesverfassung geändert, um einen Teil der Schulden der Kommunen übernehmen zu können. Die Schuldenbremse gelte für den Fall dann nicht mehr.

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