
Sicherheitsreport bescheinigt Europa eine „kollektive Hilflosigkeit“
Im bayerischen Hof werden 35 Staats- und Regierungschefs und rund 100 Minister erwartet. Die Münchner Sicherheitskonferenz hat viele Themen auf ihrer Agenda.

Während der Münchner Sicherheitskonferenz 2019.
Foto: THOMAS KIENZLE/AFP/Getty Images
Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, stellte am 14. Februar den Jahresbericht „Security Report 2022“ auf einer Pressekonferenz vor. Der Bericht dient als Grundlage für die Diskussionsrunden während der Münchner Sicherheitskonferenz vom 18. bis 20. Februar im Bayerischen Hof.
Der diesjährige Bericht mit dem Titel „Turning the Tide – Unlearning Helplessness“ („Eine Wende schaffen – Hilflosigkeit überwinden“) ist ein Aufruf an Europa, mehr Stärke zu zeigen und den Westen wiederzubeleben.
Ischinger kritisiert die Entwicklung der europäischen Politik. Es gebe eine wachsende Unfähigkeit, die Dinge selbst zu gestalten, beispielsweise bei den Klimazielen und der Friedensordnung in Europa.
„Kollektive Hilflosigkeit“
Es herrsche „ein Gefühl der kollektiven Hilflosigkeit“. Europa solle sich daher „am Riemen reißen“ und diese Hilflosigkeit überwinden, fordert er. Im Bericht heißt es: „2021 war eindeutig kein Jahr des geopolitischen Optimismus. Nahezu monatlich beherrschte eine neue Krise die Nachrichten und trug zu dem Gefühl bei, dass die zunehmende Flut von Krisen uns zu überwältigen droht.“
Die demokratischen Gesellschaften hätten das Gefühl, die Kontrolle über Herausforderungen verloren zu haben. Dieser Glaube, warnt Ischinger, kann zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden und die internationale Gemeinschaft davon abhalten, die dringendsten Probleme in Angriff zu nehmen.
Diese Herausforderungen sollen bei der Sicherheitskonferenz besprochen werden. Neben dem Kernthema, dem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine, stehen weitere wichtige Aspekte wie der Atomkonflikt mit dem Iran, die Lage im Indopazifik, der „richtige oder falsche Umgang mit China“ sowie der Nahost-Konflikt und weitere globale Herausforderungen auf der Agenda.
Die USA unter US-Präsident Joe Biden schienen entschlossen zu sein, ihre Rolle als Führer der „freien Welt“ wieder aufzunehmen – es sei jedoch nicht mehr so wie früher. Die transatlantischen Beziehungen hätten sich geändert. Europa, so zumindest suggerieren außenpolitische Reden, müsse sich deutlich stärker einbringen.
Gleichzeitig gebe es kaum Lösungsvorschläge aus Europa. Manche befürchten gar, Europa versäume die Chance auf eine Wiederbelebung des Westens. „Amerika ist zurück, aber wo genau ist eigentlich Europa?“, analysiert das Team von Ischinger.
Der Bericht prophezeit, dass Europa viele Jahre nicht in der Lage sein wird, für seine eigene Sicherheit zu sorgen. Deswegen braucht es die USA weiterhin als „europäische Macht“.
Mit Harris, aber ohne Putin
Ischinger rechnet damit, im Bayerischen Hof in München 35 Staats- und Regierungschefs und rund 100 Minister zur Konferenz zu begrüßen, vor allem Außen- und Verteidigungsminister.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres wird sprechen. Bundeskanzler Olaf Scholz und zahlreiche Kabinettsmitglieder werden ebenfalls anreisen. Auch NATO-Generalsekretär Stoltenberg wird kommen sowie andere Top-Repräsentanten der EU.
Traditionsgemäß wird eine große US-Delegation erwartet, diesmal angeführt von Vizepräsidentin Kamala Harris. Der chinesische Außenminister lässt sich per Video zuschalten.
Ischinger bedauerte bei der Pressekonferenz, dass die russische Regierung darauf verzichtet, eine offizielle Vertretung zu schicken. Er versprach jedoch, mit seinem Team „am Ball zu bleiben“.
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