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Freitag als Großkampftag

Tarifkonflikt: Verdi bestreikt mehrere Flughäfen – Katastrophenhilfe ist ausgenommen

Die Gewerkschaft Verdi will am Freitag sieben deutsche Flughäfen bestreiken. Mehr als 2.000 Flüge könnten ausfallen. Der ADV spricht von „Eskalation“.

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Die Gewerkschaft Verdi will mehrere Flughäfen in Deutschland am Freitag ganztägig lahmlegen.

Foto: Frank Rumpenhorst/dpa

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Lesedauer: 5 Min.

Nachdem ein Kabelschaden in Frankfurt am Main am Mittwoch, dem 15.2.2023 für Verspätungen und Ausfälle bei der Lufthansa gesorgt hatte, droht am Freitag ein weiterer Stillstand. Die Gewerkschaft Verdi will mit Warnstreiks auf sieben Flughäfen ihre Forderungen im aktuellen Tarifstreit untermauern.
Die Dienstleistungsgewerkschaft und der Beamtenbund dbb fordern für rund 2,5 Millionen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes ein Einkommensplus von 10,5 Prozent. Mindestens 500 Euro mehr sollen aber jedenfalls am Ende des Monats auf deren Gehaltszettel stehen. Der angestrebte Tarifabschluss soll für 12 Monate gültig bleiben.

Sehen Verdi und dbb den Tarifstreit auch als Wahlkampfbühne?

Die erste Verhandlungsrunde im Januar scheiterte am Nein der Arbeitgeber. Am 22. und 23. Februar 2023 sollen weitere Tarifgespräche stattfinden. Mit dem Warnstreik wollen die Gewerkschaften ihren Druck auf die Arbeitgeber erhöhen.
Zudem dürften sich Verdi und der dbb von einem Erfolg im Tarifstreit auch Rückenwind für die Sozialwahlen erhoffen. Diese werden im April und Mai stattfinden. Neben weiteren elf Listen werden sich auch Wahlvorschläge beider Gewerkschaften um die Stimmen der 52 Millionen Stimmberechtigten bewerben.
Voraussichtlich wird sich das Bodenpersonal unter anderem an den Flughäfen in Frankfurt am Main, München, Hamburg, Stuttgart, Dortmund, Hannover und Bremen am Ausstand beteiligen. Bereits am Dienstag hatte Verdi gegenüber der „Bild“-Zeitung eintägige Arbeitsniederlegungen angekündigt. Bei der Post, wo Verdi ein Lohnplus von 15 Prozent fordert, war es bereits Ende Januar zu einem mehrtägigen Warnstreik gekommen.

ADV erwartet 2.340 Flugausfälle und 295.000 betroffene Passagiere

Die Flughäfen Frankfurt, München, Stuttgart und Hamburg haben bereits angekündigt, am Freitag den regulären Passagierbetrieb einzustellen. Betroffen seien laut dem Flughafenverband ADV potenziell mehr als 295.000 Reisende. Der Warnstreik werde zu „massiven Behinderungen im Luftverkehr“ und etwa 2.340 Flugausfällen im innerdeutschen und internationalen Flugverkehr führen.
Vom Warnstreik ausgenommen seien Verdi zufolge Flüge, die im Dienste der Katastrophenhilfe für die Opfer der Erdbeben in der Türkei und in Syrien stünden. Auch Teilnehmer der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) seien nach Angaben der Flughafenbetreiber vom Aussetzen des regulären Passagierbetriebs in München nicht betroffen.
Der ADV wirft Verdi eine „beispiellose Eskalation“ vor. Auf diese Weise würden „über 295.000 Passagiere zum Spielball der Verdi-Streiktaktik“.

Warnstreik soll am Samstag enden

Die Betreibergesellschaft Fraport teilte mit, dass in Frankfurt am Main am Freitag nur Notflüge starten würden. Ursprünglich seien für den Tag 1.005 Flugbewegungen eingeplant gewesen. Betroffen vom Warnstreik seien dort voraussichtlich 137.000 Passagiere. Außerdem treffe er den Umsteigeverkehr. Fraport riet Passagieren deshalb, gar nicht erst zum Flughafen zu kommen. Die Lufthansa werde allein in München und Frankfurt mindestens 1.200 Flüge streichen, hieß es am Mittwochabend. Der Warnstreik soll am frühen Freitagmorgen beginnen und in der Nacht auf Samstag enden.
Neben dem öffentlichen Dienst gibt es örtliche Verhandlungen für die Bodenverkehrsdienste sowie eine bundesweite Tarifrunde für die Luftsicherheit. Die Gewerkschaften wollen mit ihren Lohnforderungen vor allem erreichen, dass Beschäftigte für die Folgen der Inflation schadlos gehalten werden.

Verdi geht von weiterhin hoher Inflation aus

Bereits 2021 war die sonst so stetige Entwicklung der Tarifgehälter in der Corona-Flaute geradezu eingebrochen. Die vergleichsweise geringen Zuwächse wurden von der gleichzeitig ansteigende Inflation aufgefressen. Unterm Strich standen am Ende deutliche Reallohnverluste.
Im dritten Quartal des Jahres 2022 mussten die Beschäftigten laut Statistischem Bundesamt inflationsbedingt einen preisbereinigten Verdienstrückgang von 5,7 Prozent verkraften. So waren im November Waren und Dienstleistungen für Verbraucher zehn Prozent teurer als ein Jahr zuvor.
Die Arbeitgeber wollen hingegen auf vorab vom Staat steuer- und abgabenfrei gestellte Einmalzahlungen setzen. Auf diese soll die preistreibende Wirkung stark steigender Löhne gedämpft werden. Die Metaller wie auch die Chemie haben den Spielraum von bis zu 3.000 Euro bis Ende 2024 voll ausgereizt.
Verdi und der dbb halten von diesem Ansatz wenig. Sie gehen von einer dauerhaft hohen Inflation aus und drängen deshalb auch auf einen permanenten Ausgleich. Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) sieht hingegen auch in Deutschland Anzeichen dafür, dass der Höhepunkt der Inflation überschritten sein könnte. Das IW rechnet mit einer Teuerung von weniger als sechs Prozent im Jahr 2023. Vollständige Entwarnung wollte jedoch auch das IW nicht geben.
(Mit Material von AFP und dpa)

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