Über Jahrhunderte haben unsere Vorfahren lebensfeindliche Moorgebiete mühsam trockengelegt, um sie bewirtschaften zu können, jetzt sollen zum Schutze des Klimas diese Gebiete wiedervernässt werden. Am 9. November hat die Bundesregierung eine entsprechende
Strategie beschlossen. Es gilt, intakte Moore zu schützen, zerstörte Moore wiederzubeleben und trockene Moorböden unter Wasser zu setzen. Deutschland soll
bis 2045 “klimaneutral” werden und damit treibhausgasneutral.
Durch die angestrebte starke Wiedervernässung werden Gebiete jedoch künftig nicht mehr begehbar sein. Das führt dazu, dass landwirtschaftliche Betriebe stillgelegt werden müssen, Eigenheimbesitzer müssten ihr Zuhause aufgeben. Die Regierung setzt vorerst auf Freiwilligkeit der Betroffenen, Pläne zur angemessenen Entschädigung oder gleichwertige Alternativangebote liegen bisher nicht vor.
Bis 2026 stehen dem Umweltministerium vier Milliarden Euro für den natürlichen Klimaschutz zur Verfügung. Welcher Anteil dieses Geldes nun in diese finanziellen Transformationsanreize fließen soll, ist auch noch unklar. Klar ist jedoch, dass diese Umgestaltung teuer werden wird. Laut
“agrarheute” sei die Wiedervernässung zwar ökologisch sinnvoll, wirtschaftlich aber nicht. Erfolgreiche Wiedervernässung sei wesentlich teurer als gemeinhin angenommen werde.
Damit bleibt die Frage im Raum stehen, ob der Nutzen den Schaden aufwiegt und ob die Natur sich selbst vielleicht am besten hilft. Epoch Times hat die sechs wichtigsten Pro- und Contraargumente zusammengetragen:
Nachteile trockengelegter Moore
Zu viel Treibhausgase
Moore speichern viele Millionen Tonnen CO₂ – wenn sie feucht bleiben. Trocknen sie hingegen aus, setzen sie Unmengen Treibhausgase frei. Es gibt in Deutschland rund 1,8 Millionen Hektar Moorböden. Sie machen nur 5 Prozent der Gesamtfläche des Landes aus, binden aber genauso viel Kohlenstoffdioxid (CO₂) wie alle deutschen Wälder zusammen.
Derzeit sind 92 Prozent der Moore in Deutschland entwässert und damit nicht mehr in einem intakten Zustand. Das bedeutet nicht nur, dass sie kein zusätzliches CO₂ binden, sondern jährlich 53 Millionen Tonnen CO₂ in die Atmosphäre freisetzen, was etwa 7,5 Prozent der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen entspricht.
Trockene Moore als Brandbeschleuniger
Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der kanadischen McMaster Universität (Hamilton) unter Beteiligung der Universität Greifswald hat Messdaten aus borealen Wäldern und Mooren der ganzen Welt zusammengetragen, um mehr über den Wasserkreislauf in Ökosystemen der borealen Vegetationszone erfahren. Die Ergebnisse geben Aufschluss über den Einfluss des Klimawandels auf boreale Wälder und Torfgebiete.
Pflanzen aus Wäldern reagieren anders als jene aus Torfmooren auf ansteigende Temperaturen. Letztere haben kaum Schutzmechanismen, um sich vor einer Austrocknung zu schützen. Die ausgetrockneten Moore erhöhen die Waldbrandgefahr. Waldbrände wiederum heizen die globale Erwärmung an.
Natürliche Klimaanlage geht verloren
Im Sommer sorgen Moore für eine Abkühlung der Luft und eine höhere Wahrscheinlichkeit von Regenfällen und im Winter wird große Kälte abgemindert, schreibt
naturefund.de. Hochmoore hätten zudem eine große Speicherkapazität für Wasser. Durch die anatomische Besonderheit der Torfmoose wird eine kapillare Leitfähigkeit geschaffen, was zur Folge hat, dass Wasser leicht aufgenommen werden kann. Damit können wiederum Überflutungen bei Starkregenfällen verhindert werden.
Vorteile trockengelegter Moore
Üppige Vegetation produziert Sauerstoff
Trockengelegte Moore bieten Raum für eine vielseitige Pflanzenwelt. Bäume, Büsche, Gras ernähren sich hauptsächlich von CO₂ und wandeln es in Sauerstoff um.
Forscher der
Universität Rostock und des Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ haben 2020 in der Folge von Langzeitstudien nachgewiesen, dass es bei Trockenzeitereignissen, und damit ist auch das Trockenfallen von Mooren gemeint, zwar wie erwartet zu erhöhten CO₂-Ausgasungen aufgrund von Torfdegradierung gekommen ist.
Jedoch habe das Sinken des Wasserspiegels die Vegetationsentwicklung in den Gebieten rasant vorangetrieben. Innerhalb weniger Wochen entstand damit eine neue Pflanzenwelt, welche die CO2-Ausgasungen kompensiert habe.
Platz für grasende Kühe
Große Nutzflächen für die Landwirtschaft sind durch die Entwässerung entstanden, vor allem als Weideland. Ein
Beispiel hierfür ist das Bourtanger Moor im Emsland und den nördlichen Niederlanden. Mit einer Fläche von zirka 1.200 km² ist es das größte zusammenhängende Hochmoor Mitteleuropas.
Das Moor wurde erst in den 1950er-Jahren mit Geldern aus dem Emslandplan und unter technischem Großeinsatz komplett entwässert und für die Landwirtschaft nutzbar gemacht. Die Milchproduktion hat im Emsland und der Grafschaft Bentheim
Tradition. Rund 1.175 Betriebe halten 66.000 Milchkühe.
Heimat, Lebensperspektive und Wirtschaftsstandort
In Brandenburg sind allein 265.000 Hektar Moorfläche entwässert. Das entspricht etwa dreimal der Fläche Berlins. Menschen haben sich dort wirtschaftliche Existenzen geschaffen, einhergehend mit ländlicher Lebensqualität.
Maria Lubkoll, Projektmanagerin der Klimabauern beim LBV Brandenburg wies auf Konsequenzen einer Wiedervernässigung hin: „Nicht nur die gesellschaftlich gewollte Weidehaltung von Rindern wäre nicht mehr möglich, auch die Lebensqualität der Menschen in den betroffenen Regionen würde stark eingeschränkt, denn stehende Gewässer bieten ideale Lebens- und Reproduktionsbedingungen für Mücken, die auch Krankheiten übertragen können“, so Lubkoll.
Kalte Enteignung oder Ansporn zu Innovationen?
Eine dem Klimaschutz dienende Wiedervernässung ganzer Regionen ohne ausreichende finanzielle Umstrukturierungshilfen gleiche einer kalten Enteignung auf dem Rücken der Menschen, sagte Karsten Padeken, Vorsitzender des Kreislandvolkverbands Wesermarsch.
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz bestätigte Epoch Times noch einmal die Freiwilligkeit der Teilnahme an der Moorschutzstrategie: “Das Prinzip der Freiwilligkeit ist genauso wichtig wie der kooperative Ansatz bei den geplanten Fördermaßnahmen. Wir gehen davon aus, dass die Bereitschaft zur Wiedervernässungsmaßnahmen regional sehr unterschiedlich sein wird”, so die schriftliche Auskunft. Und weiter: “Da die sozioökonomischen und moorspezifischen Bedingungen in Deutschland sehr unterschiedlich sind, wird es auch eine Anzahl verschiedener Fördermöglichkeiten geben, aus denen Interessierte auswählen können, um Wiedervernässungsmaßnahmen durchführen zu können und um den Transformationsprozess bei der Umstellung der Bewirtschaftungsformen zu begleiten.”
Wasserbüffel statt Kühe
Eine Agrargesellschaft im stark betroffenen Brandenburg will etwas völlig Neues auf dem nassen Gelände ausprobieren und künftig auf Wasserbüffel setzen. Diese sollen den Bewuchs der vernässten Weide in Schach halten und außerdem noch 1A-Fleisch liefern können. Traktoren sollen künftig außen vor bleiben.
„Das könnte sich rechnen“, zitiert
rbb24 den Geschäftsführer Nils Fischer. Natürlich müsse es gelingen, eine vernünftige Direktvermarktung für das Fleisch aufzubauen. Wenn am Ende eine schwarze Null stünde, wäre das schon in Ordnung, findet der Landwirt. Den Umweltaspekt dürfe man nicht vergessen.
