
Twitter-Debatte: Was haben Fallschirme mit COVID-Impfungen zu tun?
Auf Twitter ist eine neue Diskussion um COVID-Impfungen hochgeschwappt. Darin geht es um eine Studie über die Wirksamkeit von Fallschirmen.

Auf Twitter ist eine Debatte über einen Post von Professor Franz Mayer von der Universität Bielefeld entfacht.
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Corona-Leugner, Querdenker, Impfschwurbler. Längst ist bekannt, dass Meinungen, die sich gegen die Corona-Politik richten, mit unterschiedlichen Begriffen mundtot gemacht werden. Brisant wird es jedoch dann, wenn ein Lehrstuhl für Öffentliches Recht sich derartige Begriffe zu eigen macht – zumal mit einem völlig abwegigen Vergleich.
Am 2. Juli setzte Professor Dirk Brockmann, Physiker an der Berliner Humboldt-Universität und Wissenschaftler am Robert Koch-Institut, einen Tweet ab. Er verlinkte eine Studie aus dem Jahr 2003. Darin ging es um die systematische Überprüfung von randomisierten kontrollierten Studien, die feststellen sollen, ob Fallschirme wirksam sind, um schwere Traumata im Zusammenhang mit der Schwerkraft zu verhindern.
Brockmann zitierte die Autoren mit den Worten: „Conclusions. As with many interventions intended to prevent ill health, the effectiveness of parachutes has not been subjected to rigorous evaluation by using randomised controlled trials.“ (Deutsch: „Fazit. Wie bei vielen Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge wurde die Wirksamkeit von Fallschirmen nicht einer strengen Bewertung von randomisierten Studien unterzogen.“)
Rechtsprofessor zieht Impfstoffvergleich
Diesen Tweet teilte der Rechtsprofessor Franz Mayer von der Universität Bielefeld am 3. Juli nachts um 2:07 Uhr mit den Worten: „An alle Impfschwurbler: Wirksamkeit von Fallschirmen muss man auch nicht durch randomisierte Kontrollstudien überprüfen…“
Dafür erntete der Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Europarecht, Völkerrecht, Rechtsvergleichung und Rechtspolitik heftige Kritik, zumal der Rechtsexperte in der Vergangenheit mehrfach vom Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages zu seiner Expertise rund um das Thema Corona befragt wurde.
Es folgten Kommentare wie: „Meinen Sie, Fallschirme sind einfach vom Himmel gefallen, oder wurden die eventuell gründlich entwickelt und erforscht? Dieser Bildungsnotstand unter Professoren nimmt langsam erschreckende Ausmaße an“ oder „Der Sprung aus einem Flugzeug ohne Fallschirm endet mit annähernd 100-prozentiger Wahrscheinlichkeit tödlich. Die Fallsterblichkeit bei COVID liegt seit Monaten im Bereich 0,1 Prozent.“
Ein anderer erinnerte den Rechtsprofessor daran, dass Fallschirme zugelassen und durch praktische Prüfung spezifizierte und genormte Eigenschaften erfüllen müssen. Auch das Packen der Fallschirme erfolge durch zertifiziertes Personal.
Rechtsexperte kontert
Kritik kam auch von Mayers Kollegen. Der renommierte Rechtsexperte Professor Martin Schwab, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Verfassungs- und Unternehmensrecht an der Universität Bielefeld, äußerte gegenüber Epoch Times: „Der Fallschirm-Vergleich liegt so offensichtlich neben der Sache, dass er sich selbst richtet. Mit diesem Vergleich führen Herr Kollege Mayer und Herr Kollege Brockmann das gesamte Zulassungsverfahren für Impfstoffe ad absurdum, das aus guten Gründen durch umfangreiche Rechtsvorschriften geregelt ist.“
Nicht umsonst würde das Bundesverwaltungsgericht Leipzig seit Wochen eine gründliche Beweisaufnahme zu Notwendigkeit, Sicherheit und Wirksamkeit der COVID-Impfungen durchführen, so Schwab weiter. „In der Wortwahl ‚Impfschwurbler‘ spiegelt sich jene Feindbild-Rhetorik, die seit dem Beginn der Corona-Krise von Politikern und regierungsfreundlichen Medien verwendet wird, um Andersdenkende zu diffamieren und auszugrenzen. Einem Hochschullehrer stünde es gut zu Gesicht, sich diese Rhetorik nicht zu eigen zu machen.“
Selbstverständlich habe Mayer das Recht, für seine Überzeugungen zu streiten. „Er sollte aber respektieren, dass dann auch andere das Recht haben, für ihre abweichenden Überzeugungen zu streiten. Diesen Respekt lässt Herr Kollege Mayer vermissen, wenn er Andersdenkende als ‚Impfschwurbler‘ brandmarkt.“
Epidemiologe fordert Löschung des Tweets
Auch der Epidemiologe Dr. Friedrich Pürner meldete sich auf Mayers Statement. Auf Twitter reagierte er mit den Worten: „Impfschwurbler? Ist das Ihr Ton? Diskutieren Sie so auch mit Studenten? Beginnen Sie direkt jede Diskussion mit einer Abwertung? Sprachlich und fachlich ist dieser Tweet daneben. Sie sollten ihn löschen.“
Gegenüber Epoch Times äußerte Pürner: „Wenn Sie an COVID erkranken, haben Sie je nach Altersstufe und Gesundheitsstatus eine Wahrscheinlichkeit von über 99 Prozent, dass Sie überleben. Es ist geradezu grotesk, solche Beispiele heranzuziehen.“ Wenn ein Rechtsprofessor eine derartige Debatte mit der Begrüßung „an alle Impfschwurbler“ lostrete, könne eine vernünftige Diskussion gar nicht mehr stattfinden.
„Fakt ist“, so Pürner, „dass der Staat den Bürgern Maßnahmen aufbürdet, die unsere Grundrechte einschränken. Er muss nachweisen, dass diese Maßnahmen verhältnismäßig sind und helfen. Wenn ich Fallschirmspringen gehe, tue ich das jedoch aus freien Stücken.“
Schließlich gehe es bei den Impfungen um Wissenschaft. Pürner fand es bezeichnend für die Gesellschaft, dass Menschen, die die Impfung kritisch hinterfragen, sich derartige Vergleiche gefallen lassen müssen. „In der Vergangenheit wurde die COVID-Impfung mit einem Sicherheitsgurt verglichen. Das ist völlig unsinnig. Wenn ich mit meinem Fahrzeug am Ziel angekommen bin, lege ich den Gurt ab und steige aus. Den Impfstoff habe ich jedoch in mir.“ Mit Wissenschaft hätten solche Äußerungen absolut nichts zu tun.
Kein Kommentar von der Uni
Die Universität Bielefeld positionierte sich gegenüber der Epoch Times innerhalb der gesetzten Zeitspanne nicht zu dem Tweet ihres Mitarbeiters. Auch Mayer ließ die Frist zur Beantwortung unserer Anfrage ungenutzt verstreichen. Stattdessen legte er am 4. Juli auf Twitter noch einmal nach: „Schon erstaunlich: anstatt sich auf den Standpunkt zu stellen, ‚ich setze mich sachlich mit dem Thema auseinander, ich kann gar nicht gemeint sein‘ fühlen sich alle möglichen Leute als Schwurbler angesprochen. Tja, wer sich angesprochen fühlt, ist gemeint.“
Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 52, vom 9. Juli 2022.
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