Verfassungsgericht kippt Verbot der „geschäftsmäßigen“ Sterbehilfe

Das Betäubungsmittel Natrium-Pentobarbital und ein Glas Wasser in einem Zimmer des Sterbehilfevereins Dignitas in Zürich.
Foto: Gaetan Bally/Archiv/dpa
Das Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfe ist verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht erklärte am Mittwoch die im Strafrechtrechtsparagrafen 217 festgeschriebene Regelung für nichtig, mit der die “geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung” unter Strafe gestellt worden war.
Die Verfassungsrichter begründeten dies damit, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben umfasse. “Diese Recht schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen”, sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle.
Patientenschützer lehnen geschäftsmäßige Sterbehilfe ab
Im Vorfeld hatten Patientenschützer ihre Ablehnung von geschäftsmäßiger Sterbehilfe bekräftigt. Es sei gut, dass hierzulande sowohl Hilfe beim Sterben als auch Hilfe zur Selbsttötung straflos seien, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, der Nachrichtenagentur AFP. “Doch organisierte Angebote zur Selbsttötung sind etwas ganz anderes.”
Es müsse “Grenzen staatlichen Handelns geben”, zeigte sich Brysch überzeugt. “Sonst müsste für jeden Wunsch auf Selbsttötung auch das entsprechende Angebot vorgehalten werden.”
Erfahrungen in der Schweiz zeigten, dass mit der geschäftsmäßigen Verfügbarkeit die Nachfrage steige. “Doch die Suizidrate insgesamt sinkt dadurch nicht”, sagte der Patientenschützer.
Deshalb trage das Bundesverfassungsgericht eine große Verantwortung. “Es muss klarstellen, dass organisierte Suizidbeihilfe kein gewöhnliches Therapieangebot ist.”
Niemand könne allgemeingültige Kategorien entwickeln, die zwischen einem berechtigten oder unberechtigten Wunsch nach Hilfe zur Selbsttötung unterscheiden. “Somit bliebe die Selbstbestimmung der Willkür Dritter ausgeliefert”, sagte Brysch.
Gegen das Ende 2015 nach langen Kontroversen vom Bundestag beschlossene Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfe hatten schwer kranke Menschen, Ärzte und Sterbehilfevereine Verfassungsbeschwerden eingelegt. Durch den angegriffenen Strafrechtsrechtsparagrafen drohten eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.
Die Beihilfe zum Suizid blieb damit zwar grundsätzlich erlaubt – Strafe drohte aber, wenn sie “geschäftsmäßig” betrieben wurde. Dies setzte kein kommerzielles Interesse voraus, vielmehr konnte dieser Begriff auch wiederholte Hilfen umfassen. Nach Ansicht des Verfassungsgerichts ging der Gesetzgeber mit dieser Regelung zu weit.
(afp/nh)
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