Im April stellten etwa 500 deutsche Unternehmen auf Maskenproduktion um – gezwungenermaßen. Die ganze Industrie musste wegen Schließung der Geschäfte umdenken und wollte gleichzeitig, auch aus Solidarität der Gemeinschaft gegenüber, etwas gegen COVID-19 tun.
Das Gesundheitsministerium gab der Produktion allen Grund zum Optimismus. Es garantierte sogar per Ausschreibung die Abnahme von zwei Milliarden Masken für Operationen pro Jahr. Ende April stellten größtenteils mittelständische Unternehmen wöchentlich 2,5 Millionen FFP-Masken, 7,5 Millionen OP-Masken sowie rund 12 Millionen Mund-Nase-Masken her.
Langfristige Eigenproduktion scheitert
Nun importiert die Bundesregierung die Operations- und FFP-Masken wieder aus China – alle Zusagen und Umstellungen in der Branche hielten nur eine kurze Zeit an.
Die Bundesregierung sprach von Unabhängigkeit, sie wolle „langfristig eine Säule der Eigenproduktion“ aufbauen. Doch die Qualität der Produkte stimme nicht, stellte das Gesundheitsministerium kürzlich fest und will die zugesprochenen Zuschläge den deutschen Unternehmen nicht mehr auszahlen.
Die Produktion wird mittlerweile nur noch von wenigen Unternehmen aufrechterhalten.
Textilfachmann und Maskenproduzent Yves-Simon Gloy sprach mit der „Welt“ über die Situation. Er habe sich einige deutsche Textilfabriken angeschaut, welche Maschinen aus China
bestellt hatten: „Die Maschinen rappelten fürchterlich. Kein Wunder, dass die Verarbeitung oft ungenau war.“
Gloy erklärte aber auch, dass die Qualität am Material lag. Die Unternehmen hätten die hohen Standards der Zertifizierung des Gesundheitsministeriums „unterschätzt“.
Verschärfung des Umweltrechts erschwert die Produktion in Deutschland
Erschwert wird der Weg zur deutschen Produktion vor allem durch EU-Verordnungen im Stoff- und Chemikalienrecht sowie beim Abfallrecht.
„Während Unternehmen ums Überleben ringen und gleichzeitig eine Maskenproduktion aufbauen, wird hinter den Kulissen eifrig an Verschärfungen des Umweltrechts geschraubt“, sagte Verbandspräsidentin Ingeborg Neumann der
„Welt“.
Dabei geht es beispielsweise um die Beschränkung von C6-Fluorchemie, insbesondere Perfluorhexansäure oder Mikroplastik, die Regulierung von Biozidprodukten und höhere Recyclinganforderungen.
Umweltfreundlich ist die Herstellung von OP-Masken nicht. Daher ist es fraglich, wie weit deutsche oder überhaupt europäische Unternehmen in der Maskenproduktion – eingeschränkt durch strenge EU-Regeln – mit China mithalten können. Etwa 90 Prozent der weltweit verkauften Operationsmasken werden in China hergestellt – wo es kein strenges Umweltrecht gibt.
Der Textilverband geht davon aus, dass sich nach der Krise die Preise für Masken wieder normalisieren werden. Daher sei eine langfristige Strategie in Sachen Maskenproduktion in Deutschland nicht denkbar.