
„Vorreiterrolle“: SPD will per Gesetzesänderung Moria-Migranten nach Deutschland holen
Weil Europas Asylsystem versage, so die SPD, solle Deutschland bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus Lagern wie Moria vorangehen. In einem Positionspapier fordert die Partei, das Aufenthaltsgesetz zu ändern, damit die Bundesländer leichter in Eigenregie agieren können.

Migranten auf einem Schiff.
Foto: LOUISA GOULIAMAKI/AFP via Getty Images
Die Zustände in Migrantenlagern auf Inseln in Griechenland beschäftigen weiterhin vor allem deutschsprachige Medien und die deutsche Politik.
Wie der „Focus“ berichtet, will die SPD den Druck auf Bundesinnenminister Horst Seehofer und die CDU/CSU-Fraktion erhöhen, um die Aufnahme von weiteren Migranten aus Moria und ähnlichen Lagern zu ermöglichen.
In einem Positionspapier der Partei wird gefordert, das Aufenthaltsgesetz zu ändern, um diesbezüglich die Abhängigkeit der Bundesländer vom Bundesinnenministerium zu verringern.
Deutschland soll „Vorreiter“ sein
In einem internen Positionspapier, das „Focus online“ vorliegt, mahnen die Sozialdemokraten eine „Vorreiterrolle“ für Deutschland an. Es sei das europäische Asylsystem, das versage, und in Anbetracht der Bilder aus den Lagern sei es erforderlich, dass Bundesländer wie jüngst Berlin und Thüringen aus humanitären Gründen die Initiative ergriffen.
Die SPD will nach eigenen Angaben vor allem unbegleitete Minderjährige, Schwangere, junge Mütter oder schwer erkrankte Migranten aus den Lagern holen, in denen häufig ein Vielfaches der Anzahl an Personen lebt, für die diese eigentlich konzipiert sind.
Kritiker bezweifeln, dass es sehr viele Migranten in den Lagern gibt, die zu diesen Gruppen gehören – und weisen darauf hin, dass Griechenland gar keine Entlastung durch andere EU-Staaten angefordert hatte.
Bereits im Vorjahr auf Aufnahme von 2.750 Moria-Flüchtlingen geeinigt
Vor allem in Athen selbst befürchtet man, dass eine Aufnahme von Migranten aus Lagern wie Moria falsche Signale aussenden könnte. Bereits im Herbst des Vorjahres hatten sich Bundesregierung und Länder auf die Aufnahme von insgesamt 2.750 Personen verständigt, die damals nach mehreren Bränden in Lagern Obdachlosigkeit zu befürchten hatten.
Gegner einer Aufnahme sprachen schon damals von einem Pull-Effekt, der durch die Entscheidung bewirkt werden könnte. Die Aussicht, früher oder später mit hoher Wahrscheinlichkeit von reichen Ländern wie Deutschland übernommen zu werden, könnte verstärkend auf Ambitionen illegaler Migranten an den EU-Außengrenzen wirken, die griechischen Inseln anzusteuern.
Zudem käme die Aufnahme einer Erfolgsprämie für mutwillige Brandstiftung gleich, derer Flüchtlinge in Moria im vergangenen Jahr verdächtigt wurden.
Kind bei Brand im Lager Thiva gestorben
Dass mutwillige Brandstiftung die primäre Ursache für Brände in griechischen Migrantenlagern sei, stellen Migrantenorganisationen selbst in Abrede.
Erst am Dienstag (23.2.) starb einem Bericht des Portals „Info Migrants“ zufolge ein sieben Jahre alter Junge, wahrscheinlich aus einer kurdischen Familie, nach einem Feuer in einem Wohncontainer des Lagers Thiva – 54 Kilometer von Athen entfernt.
Behörden gehen mittlerweile davon aus, dass ein defekter Gaskocher für den Ausbruch des Brandes verantwortlich gewesen sei. Solche kämen häufig in den Lagern zum Einsatz. Allerdings erwähnt „Info Migrants“ Berichte von Feuerwehrleuten, die beim Eintreffen am Lager zu Beginn mit Steinen beworfen wurden und Zufahrtswege blockiert worden seien.
Griechenland verweist auf Verbesserungen
Während in Medienberichten die Rede davon ist, dass die Situation in den Lagern weiterhin katastrophal sei, es dort kein sauberes Wasser, kaum ärztliche Versorgung, zu wenig Lebensmittel sowie Willkür und Gewalt gäbe, zeichnet Griechenlands Regierung selbst ein anderes Bild.
Gegenüber der „Zeit“ erklärte jüngst Griechenlands Migrationsminister Notis Mitarachi, man erfülle mittlerweile auch in den Lagern auf den Inseln „die Anforderungen, beispielsweise was die Ausstattung mit Toiletten und Duschen betrifft“. Zudem habe man die Situation durch Hochwasserschutzmaßnahmen entschärft, sodass die jüngsten schweren Regenfälle keine so großen Schäden mehr angerichtet hätten.
Das „Borgen Magazin“ berichtet zudem, dass Griechenlands Regierung mittlerweile ein modernes elektronisches System für Gesundheitsdaten von Flüchtlingen geschaffen habe, das erhebliche Verbesserungen bei der Gesundheitsversorgung der Betroffenen bewirke.
SPD will Aufenthaltsgesetz verändern
Laut ihrem Positionspapier will sich die SPD nicht auf kontinuierliche Verbesserungen in der Infrastruktur oder auf eine „europäische Lösung“ verlassen, sondern stattdessen Paragraf 23 des Aufenthaltsgesetzes ändern. Dieser bestimmt, dass Bundesländer zwar die Möglichkeit zur humanitären Aufnahme von Schutzsuchenden haben – diese aber eine Zustimmung durch das Bundesinnenministerium voraussetze.
Diese sei in der Vergangenheit häufig nicht erteilt worden, weil Minister Seehofer „nationale Alleingänge“ ablehne. Nun soll dieses Vetorecht fallen. Im Positionspapier fordert die SPD eine Neufassung der Bestimmung, in der es bezüglich der Zustimmungserfordernisse heißen soll:
„Das Einvernehmen gilt als erteilt, wenn das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat nicht innerhalb von vier Wochen konkrete sicherheitspolitische oder außenpolitische Bedenken geltend macht.“
„Kinder nicht im Dreck leben lassen“
Die SPD sieht sowohl in Deutschland als auch in den Nachbarstaaten zahlreiche „aufnahme- und hilfsbereite Städte, Kommunen und Regionen“. Seehofer blockiere diese, und dies wolle man künftig nicht zulassen: „Es darf nicht sein, dass politischer Aufnahmewille durch bürokratische Argumente und verwaltungstaktisches Handeln nicht zum Tragen kommt.“
Zeit, um auf eine europäische Lösung zu warten, bleibe nicht mehr. Es könnten bis zu einer solchen „noch Jahre vergehen“, da einige Staaten der „Idee eines menschenwürdigen gemeinsamen europäischen Asylsystems“ bereits „den Rücken gekehrt“ hätten.
Mit Blick auf Lager wie Moria oder Kara Tepe erklärt der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Post gegenüber „Focus“, es gehe hier auch um „Kinder, die im wahrsten Sinne des Wortes im Dreck leben“.
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