Branchen unter Druck
ifo: Stimmung der Unternehmen in Deutschland „im Sinkflug“
Der ifo Geschäftsklimaindex zeigt eine zunehmende Verunsicherung in der deutschen Wirtschaft. Neben den pessimistischen Erwartungen kämpfen mehrere Branchen mit schwacher Nachfrage.

„Es braucht nur eine kleine Verbesserung in den Auftragsbüchern der Industrie, um den Lagerzyklus zu drehen", sagt ING-Analyst Carsten Brzeski.
Die Stimmung der Unternehmen in Deutschland ist laut Umfrage des Münchner ifo Instituts im August weiter gefallen. Der ifo Geschäftsklimaindex sank auf 86,6 Punkte, nach 87,0 Punkten im Juli, wie das Institut am Montag mitteilte. Die Unternehmen beurteilten ihre aktuelle Lage schlechter und auch die Erwartungen an die kommenden Monate fielen pessimistischer aus.
Es ist der dritte Rückgang in Folge. Die Stimmung der Unternehmen sei „im Sinkflug“, erklärte ifo Präsident Clemens Fuest. Die deutsche Wirtschaft gerate „zunehmend in die Krise“.
Weiterhin rückläufige Auftragsbestände
Im verarbeitenden Gewerbe fiel der Index laut ifo merklich: Die Unternehmen waren deutlich unzufriedener mit den laufenden Geschäften, ihre Erwartungen fielen auf den niedrigsten Wert seit Februar. Die Betriebe klagten erneut über rückläufige Auftragsbestände, wie das ifo mitteilte. Insbesondere die Investitionsgüterhersteller seien in einer schwierigen Lage.
Auch im Dienstleistungssektor fiel das Geschäftsklima — hauptsächlich wegen skeptischer Erwartungen. Die Beurteilung der aktuellen Lage verschlechterte sich laut ifo nur leicht.
Im Handel dagegen stieg das Geschäftsklima nach zwei Rückgängen in Folge wieder etwas an. Grund dafür waren die etwas weniger pessimistischen Erwartungen der Unternehmen. Mit den laufenden Geschäften zeigten sich die Händler hingegen unzufriedener.
Im Bauhauptgewerbe blieb der Geschäftsklimaindex unverändert. Einerseits waren die Unternehmen etwas weniger unzufrieden mit der aktuellen Lage. Dennoch trübten sich ihre Erwartungen leicht ein, erläuterte das Institut.
Globale Krisen und transformative Herausforderungen
„Das Geschäftsklima ist und bleibt damit viel trüber als in früheren Phasen, in denen das Bruttoinlandsprodukt stagnierte“, sagte die Chefvolkswirtin der Förderbank KfW, Fritzi Köhler-Geib. „Meines Erachtens ist das zurzeit außergewöhnlich tiefe Klimaniveau vor allem eine Folge der großen Verunsicherung in den Unternehmen, die mit einer Vielzahl transformativer Herausforderungen und hartnäckiger globaler Krisen konfrontiert sind.”
Rein konjunkturell sei mit der wieder steigenden Kaufkraft zumindest eine moderate, zunächst vor allem vom Konsum gestützte Erholung angelegt.
Auch ING Analyst Carsten Brzeski hofft noch auf „positive Überraschungen“ in der zweiten Jahreshälfte. Die Konsumenten könnten angesichts hoher Reallohnsteigerungen noch „ihre Brieftaschen öffnen“. Die Lagerbestände seien hoch: „Es braucht nur eine kleine Verbesserung in den Auftragsbüchern der Industrie, um den Lagerzyklus zu drehen und die Industrieproduktion wieder wachsen zu lassen.”
Der Konjunkturexperte der DZ Bank, Christoph Swonke, äußerte sich pessimistischer: „Deutschland fehlen momentan die Impulse, die zu einem Ende der wirtschaftlichen Schwächephase und zu einem starken Aufschwung führen könnten“, erklärte er. Die Nachfrage aus dem In- und Ausland sei weiterhin schwach und klare Signale der Wirtschaftspolitik fehlten. Daher bleibe die Verunsicherung unter den Unternehmen und Verbrauchern hoch. Er rechnet für Deutschland in diesem Jahr nur noch mit einem Miniwachstum von 0,1 Prozent.
Der ifo Index basiert auf etwa 9000 monatlichen Meldungen von Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, des Dienstleistungssektors, des Handels und des Bauhauptgewerbes. Die Unternehmen werden gebeten, ihre gegenwärtige Geschäftslage zu beurteilen und ihre Erwartungen für die nächsten sechs Monate mitzuteilen. (afp/red)
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