EU-Vorhaben
Onlinekauf auf Rechnung: Kunden sollen künftig ihre Kreditwürdigkeit nachweisen
Die EU will Verbraucher vor der Schuldenfalle bewahren – und Unternehmen davor, dass ihre Kunden nicht zahlen. Der Schuss könnte aber nach hinten losgehen.

Die Zahlungsmethode Kauf auf Rechnung ist eine der beliebtesten Bezahlmethoden in Deutschland.
Foto: iStock
Die Europäische Union strebt an, dass Unternehmen die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden strenger prüfen sollen, die im Internet auf Rechnung einkaufen. Der Plan sei im Zuge dessen entstanden, dass die EU die sogenannte Verbraucherkreditrichtlinie aus dem Jahr 2008 verschärfen wolle, wie die „Welt“ berichtete. Dazu liege der Zeitung ein entsprechendes Dokument des Rates der EU vor, das noch nicht veröffentlicht ist.
Obwohl die neue Richtlinie angeblich zum Schutz der Verbraucher gedacht sei, könnte dies in Zukunft aber dazu führen, dass die Anzahl der Kunden, die auf Rechnung bezahlen, stark zurückgehen wird: Nicht jeder Verbraucher möchte bei jedem Onlinekauf seinen finanziellen Status offen legen.
Derzeit stellt in Deutschland bei einem Kauf im Internet der Kauf auf Rechnung die beliebteste Zahlungsart dar. 28,3 Prozent der Onlinekäufe wurden 2021 per Rechnung bezahlt, wie aus der EHI-Studie „Online-Payment 2022“ hervorgeht. Gleich darauf folgt die Zahlungsmethode durch Paypal mit 28,2 Prozent, die seit der Corona-Zeit immer beliebter geworden ist.
Kauf auf Rechnung für viele eine Sicherheit vor Internetbetrügern
Wovor die EU den Verbraucher durch den geforderten Bonitätsnachweis beim Onlinekauf schützen möchte, sei die unbeabsichtigte Verschuldung, so die „Welt“ weiter. Um dies zu vermeiden, plane man die Kreditwürdigkeitsprüfung unter anderem auf Kredite unter 200 Euro, auf zins- und gebührenfreie Darlehen und auf sogenannte „Jetzt kaufen, später bezahlen“-Angebote auszuweiten.
Nicht nur, aber gerade bei jungen Menschen komme es laut Verbraucherzentrale oft vor, dass diese durch viele kleine Einkäufe im Internet in die Schuldenfalle geraten und das Geld nicht mehr zurückzahlen können.
Online getätigte Einkäufe bei Otto, Zalando oder Amazon sind für Menschen in ganz Europa zur Normalität geworden. Mit der neuen Bonitätsprüfung, die Millionen Menschen betreffen würde, könnte der beliebte Kauf auf Rechnung bald zur Geschichte werden. Für viele stellt diese Zahlungsmethode jedoch eine Sicherheit dar, um sich vor Internet-Betrügern zu schützen – denn sie bezahlen erst, wenn sie die Ware vor sich haben.
„Überregulierung zur Einschränkung der Freiheiten“
Sollte das EU-Vorhaben tatsächlich umgesetzt werden, würden auf die Onlineshops jede Menge Bürokratie und Kosten dazukommen. Für die FDP-Europaabgeordnete Svenja Hahn wäre die neue Richtlinie für Verbraucherkredite, die zur Abschaffung des Kaufs auf Rechnung führen könnte, ein „Skandal für jeden Verbraucher!“, wie sie in einem Twitter-Beitrag klarstellt. Wie die „Welt“ berichtet, fordere sie die Verhandler der EU-Mitgliedstaaten und des Parlaments auf, ihre Pläne zur Verschärfung der Verbraucherkreditrichtlinie zurückzunehmen.
Auch der Hamburger Versandhändler Otto warnte vor den Folgen der EU-Richtlinie. Ein Sprecher des Unternehmens bezeichnete sie als „eine Überregulierung, die nicht nur die Händler und Plattformen im E-Commerce empfindlich treffen, sondern auch die Freiheiten der Verbraucher einschränken wird“, so die „Welt“ weiter.
Für ihn sei besonders merkwürdig, dass die Firmen den Kunden in Papierform vorvertragliche Informationen zu den Zahlungsbedingungen zuschicken müssten – was einem Anachronismus im Onlinehandel gleichkommen würde.
Das Vorhaben der EU-Kommission, des Rates und des Parlamentes ist noch nicht verabschiedet.
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