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Frühjahrsreise in den Herbst Patagoniens 2006 – Teil 1

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Rast auf der legendären Ruta 40, mitten in der baumlosen Steppe. (Foto - Hans Christian Schikore)

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„Patas Grandes“ (große Füße) soll der portugiesische Kapitän in Spaniens Diensten, Fernando Magallanes, erstaunt ausgerufen haben, als er als erster Europäer Fußspuren der Ureinwohner am Strand erblickt hatte. Sein Schreiber, Antonio Pigafetta, vermerkt in seinen Aufzeichnungen, er sei einem Mann begegnet, der so groß war, „dass ihm der Kopf des Größten unter uns nur bis zum Gürtel reichte“. So beginnt 1520 die europäische Geschichtsschreibung für Patagonien, das „Land der Großfüßler“.
Rast auf der legendären Ruta 40, mitten in der baumlosen Steppe. (Foto - Hans Christian Schikore)Rast auf der legendären Ruta 40, mitten in der baumlosen Steppe. (Foto – Hans Christian Schikore)
Die dort erwarteten und ersehnten reichen Vorkommen von Gold und Silber fanden sich allerdings nicht. Aber Wind – nicht selten zum Sturm sich innerhalb von kürzester Frist steigernd – und dunkle Wolken samt unzähligen Steinen und Felsen am Strand gab und gibt es in diesem auf den ersten Blick öde und unendlich erscheinenden Land immer reichlich. Im Landesinnern, abseits der Bergkette der Anden, herrscht bisweilen wüstenähnliche und fast immer baumlose Steppe, braungrau bis gelblich sich zeigend und nur für genügsame Nandus und Guanakos ausreichend Nahrung bietend. Die vom Pazifik kommenden Wolken regnen sich an der westlichen Anden-Kette ab, so dass die patagonische Steppe nur sehr wenig Niederschlag erreicht. Die in Tierfelle gekleideten und mit Robbenfett sich vor der Kälte schützenden Indianer wohnen in primitivsten zeltähnlichen Behausungen aus Zweigen und Fellen. Irgendetwas Wertvolles können die Spanier in dieser entlegenen und unwirtlichen Weltgegend bei aller Mühe nicht finden.
Traum vieler Bergsteiger, der Gipfel des Fitz Roy. (Foto - Hans Christian Schikore)Traum vieler Bergsteiger, der Gipfel des Fitz Roy. (Foto – Hans Christian Schikore)
Erste Siedler – vor allem aus dem britischen Wales – teilen sich eine riesige Landfläche mit geschätzten 10.000 Tehuelche-lndianern (Nomaden) und etwa 20.000 Araukanern, letztere sesshafte Stämme bildend und kriegerischer Natur. Eine Grenze zwischen den heutigen Chile und Argentinien gibt es noch nicht.
Erst 1862 leitet der erste gewählte Präsident Argentiniens unter dem Schlagwort „Gobernar es poblar!“ – regieren heißt bevölkern – die so genannte Domestizierung der Indianerstämme ein, und bald gibt es in diesem ungleichen Kampf keinen Platz mehr für die Indianer, deren Überlebende nun in vergleichsweise kleinen Reservaten gehalten werden. Jetzt wird das Land vor allem von riesigen Schafzuchtbetrieben genutzt. Eine andere Bewirtschaftung lässt der schüttere Bewuchs nicht zu, der jedoch seinerseits unter den Schafherden so leidet, dass zunehmend die unerwünschten Dornsträucher in der Steppe sich ausbreiten.
Der britische Schriftsteller Bruce Chatwin hat in seinem Buch „In Patagonien, Reise in ein fernes Land“ die Siedlungsgeschichte nachgezeichnet, die Bewohner besucht, die Landschaft vielfach auch zu Fuß erkundet und Land und Leute einfühlsam beschrieben.
Die wirtschaftliche Bedeutung der Schafzucht ist heute zurückgegangen, und seit ein deutscher Geologe 1907 bei Commodoro Rivadavia an der Atlantik-Küste nach Trinkwasser bohrte und dabei auf reichlich Erdöl stieß, ist das „schwarze Gold“ neben dem sich schnell entwickelnden Tourismus eine besonders wichtige Stütze der patagonischen Wirtschaft heutzutage. Die inzwischen 130.000 Menschen von Commodoro Rivadavia leben fast alle vom Öl.
Die Fläche der Bundesrepublik Deutschland würde in Patagonien (766.000 qkm) mehr als zweimal Platz finden. Von Buenos Aires zur Provinzhauptstadt Rio Gallegos im Süden sind es 2.650 km! Zwischen Mittel-Europa und Feuerland liegen 13.000 km.
Die Bevölkerungsdichte – eigentlich müsste man von „Bevölkerungsdünne“ sprechen – liegt bei reichlich 0,5 Mensch pro qkm. Patagonien ist riesig und einsam.

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