Die Corona-Pandemie hat den Staat nach einer Berechnung des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) für “Bild am Sonntag” bislang insgesamt 287,5 Milliarden Euro gekostet. Bund, Länder und Kommunen hätten bereits bisher 192,9 Milliarden Euro Mehrausgaben getätigt und gleichzeitig Mindereinnahmen von 94,6 Milliarden Euro verkraften müssen. Die Schuldenquote stieg laut IW auf 79,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Finanzminister Olaf Scholz (SPD)
drängt laut Bericht vor allem auf drei Maßnahmen: die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes von derzeit zwölf auf 24 Monate, ein einmaliger Kinderbonus von 300 Euro pro Kind sowie ein Rettungspaket für die Kommunen. Aktuell arbeitet das Bundesfinanzministerium an einem Maßnahmenkatalog für das Konjunkturpaket.
Letzteres sehe neben einer
Altschuldenregelung auch vor, dass der Bund und die Länder je zur Hälfte die eingebrochenen Gewerbesteuereinnahmen ersetzen, wie die “BamS” berichtete. Insbesondere die Altschuldenregelung ist umstritten, die CDU wird einen Gegenvorschlag unterbreiten. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und Fraktionschef Ralph Brinkhaus planen, einen Gegenvorschlag zu unterbreiten, der ohne eine Vergemeinschaftung von Schulden auskommt. Die „alten“ Schulden seien keine „neue“ Herausforderung aufgrund von Corona – es solle auch nicht dazu gemacht werden.
Beim CDU-Vorschlag wird davon gesprochen, dass der Bund in den Jahren 2020 und 2021 auf seinen Anteil an den Gewerbesteuern verzichten solle. Damit stünden den Kommunen 3,2 Milliarden Euro mehr zur Verfügung. Der Vorschlag der CDU würde alle Kommunen entlasten, nicht nur die Überschuldeten. Daher sind sie für alle Ministerpräsidenten der Länder im Bundesrat interessant.
IW fordert Mindestbetrag von 100 Milliarden Euro-Konjunkturprogramm
IW-Direktor Michael Hüther forderte, das jetzt zu beschließende Konjunkturprogramm müsse eine Größe von mindestens 100 Milliarden Euro umfassen. “Wichtig ist dabei eine zeitliche Befristung: Die Hilfen dürfen nicht über den Herbst hinausgehen”, sagte Hüther der “BamS”.
Er betonte, der Lockdown sei außerordentlich gewesen, sodass es darauf nur außerordentliche politische Antworten geben könne. “Wenn wir jetzt nichts tun, sparen wir vielleicht kurzfristig Geld, würden aber langfristig in eine enorme Arbeitslosigkeit schlittern. Das wäre wesentlich teurer für den Staat.”
Auf die Frage, wie sich die deutsche Wirtschaft weiterentwickeln werde, sagte IW-Direktor Michael Hüther gegenüber
„ntv“:
„Wir sind im Tal der Tränen angekommen.“
Langsamer Aufwärtstrend
Im zweiten Quartal würde ein erhebliches Minus bestehen. Im Jahresdurchschnitt würde das einer Schrumpfung von neun Prozent entsprechen. „Das ist wirtschafts-historisch einmalig, wenn man die Wirtschaftskrise von 1929 weglässt“, betonte Hüther. Gleichzeitig bedeutet dies, dass man sich nun in einen Aufwärtspfad begebe. Das würden auch die Bewertungen der Aktienmärkte bestätigen, die seit dem Tiefstand von März „erstaunlich entspannt sind“, ebenso das Geschäftsklima.
Durch den Lockdown sei der wirtschaftliche Absturz „extrem schnell“ gewesen. Der Aufstieg werde hingegen nicht so schnell verlaufen. Zunächst müsse man sich wirtschaftlich „neu sortieren“.
Wenn man von außen betrachte, dass es einen durchschnittlichen Rückgang der Wirtschaft um neun Prozent gibt, dann sei das erstmal „ein Schock“. Allerdings würde Ende 2021 wieder das Aktivitätsniveau erreicht werden, das man vor der Krise Anfang 2020 hatte. Bezogen auf den Arbeitsmarkt erwartet das IW ein Anstieg auf eine Arbeitslosenquote von 6,5 Prozent.
Anstieg der Arbeitslosen – bis zu 10,1 Millionen in Kurzarbeit
In der Zeit von März bis April ist die Arbeitslosenzahl infolge der Corona-Krise außerordentlich stark um 308.000 auf 2,644 Millionen Menschen gestiegen. Bereinigt um die saisonalen Einflüsse wird für den April ebenfalls ein starker Zuwachs von 373.000 im Vergleich zum Vormonat errechnet. Das meldete die Bundesagentur für Arbeit. Gegenüber dem Vorjahr hat sich die Arbeitslosenzahl um 415.000 erhöht. Die Arbeitslosenquote betrug im April 5,8 Prozent.
Im März und bis zum 26. April 2020 wurden bei den Agenturen für Arbeit 751.000 Anzeigen für Kurzarbeit erfasst – für insgesamt bis zu 10,1 Millionen Menschen. Das würde aber nicht bedeuten, dass diese Menschen auch alle kurzarbeiten werden.
Nichtsdestotrotz sei das eine im Vergleich zu den letzten Jahrzehnten noch „nie da gewesene Zahl“, teilt die Bundesagentur für Arbeit mit. Die Anzahl übersteige noch um ein Vielfaches die Zahl der Anzeigen während der Großen Rezession 2008/2009. Im gesamten „Krisenjahr“ 2009 gingen bei den Agenturen für Arbeit Anzeigen für 3,3 Millionen Menschen ein.
(mit Material von afp)