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IW: Verdacht widerlegt – befristete Arbeitsverhältnisse ersetzen nicht die Normalarbeit

Gründe für befristete Arbeitsverhältnisse sind nicht die Kosteneinsparungen, sondern die unsichere Geschäftsentwicklung, sagt das Institut der Deutschen Wirtschaft. Forscher haben herausgefunden, dass die Normalarbeit nicht auf Kosten der Kernbelegschaften durch befristete Arbeitsverhältnisse ersetzt wird.

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Ein Arbeitsvertrag darf nach dem Gesetz grundsätzlich bis zur Dauer von zwei Jahren befristet werden. Eine stärkere Regulierung von befristeten Arbeitsverhältnissen könnte zum Arbeitsplatzabbau führen, gibt das IW zu Bedenken.

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Normalarbeit wird zunehmend durch flexible Erwerbsformen wie befristete Arbeitsverhältnisse ersetzt – so lautet eine Theorie, die das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) jetzt widerlegt hat. Flexible Erwerbsformen sind eher eine Ergänzung zur Normalarbeit, sagen die Forscher des IW.
Wenn die Bundesregierung die Befristung noch weiter reguliert, könnte das zum Arbeitsplatzabbau führen. Unter atypische Arbeitsverhältnisse fallen neben Befristungen auch Werkverträge und Zeitarbeit. Doch nur bei den Befristungen gab es signifikante Ergebnisse.

Kernbelegschaft wurden nicht zulasten flexibler Arbeitsformen reduziert

Die Studie widerlegt “die weit verbreitete Überzeugung, dass unbefristete Arbeitnehmer nach und nach durch befristete ausgetauscht werden.”
„Die betriebliche Nutzung flexibler Erwerbsformen (…) steht im Verdacht, auf Kosten der Entwicklung der Kernbelegschaften zu expandieren. Eine Auswertung (…) zeigt indes, dass nur in wenigen Betrieben ein solcher Austauschprozess stattfand.”
Im Zeitraum 2012 bis 2017 wurde die Normalarbeit ausgeweitet, aber flexible Erwerbsformen weniger genutzt, zeigt die Studie. Im Zeitraum 2012 bis 2017 sah das so aus:
  • Die Anzahl befristeter Beschäftigter sank von 2,64 auf 2,55 Millionen. Die Beschäftigung insgesamt nahm ab.
  • 38 Prozent der Betriebe weiteten die unbefristete Beschäftigung aus. Die befristet Beschäftigten blieben gleich oder nahmen ab.
  • 6,7 Prozent der Betriebe weiteten die befristete Beschäftigung aus. Die unbefristet Beschäftigten blieben gleich oder nahmen ab.
Und jetzt separat betrachtet ohne gleich bleibende Beschäftigung:
  • 5,4 Prozent der Betriebe stellten mehr befristet Beschäftigte ein und reduzierten die Anzahl der unbefristet Beschäftigten.
  • 8,3 Prozent der Betriebe reduzierten die Anzahl der befristet Beschäftigten und stellten mehr unbefristet Beschäftigte ein.
Die Studie basiert auf Daten des IAB-Betriebspanels mit Befragungen von 16.000 deutschen Unternehmen.

Gute Gründe für Befristung: Unsichere Geschäftsentwicklung

“Zur Kostensenkung schienen die Betriebe also keine flexiblen Erwerbsformen zu nutzen”, so die Erklärung des Autors. Stattdessen gab es einen konkreten Zweck, nämlich: der “wirtschaftlichen Unsicherheit” begegnen.
Denn “Betriebe, die flexible Erwerbsformen nutzen, stehen überdurchschnittlich häufig einer unsicheren Geschäftsentwicklung gegenüber”, erklärt Schäfer.
Das bis zum Jahr 2017 mehr unbefristete Mitarbeiter eingestellt wurden, lag an der stabilen wirtschaftlichen Entwicklung.

Stärkere Regulierungen führen zum Arbeitsplatzabbau

Die Bundesregierung plant in dieser Legislaturperiode noch, Befristungen stärker zu regulieren. So sagte Bundeskanzlerin Merkel am 6.9.19 auf einer Pressekonferenz:
„Wir [müssen] es noch hinbekommen (…), mehr Lebenssicherheit durch den Abbau der sachgrundlosen Befristung im deutschen Arbeitsleben zu schaffen.”
Im Koalitionsvertrag 2018 hieß es wie folgt: “Wir wollen den Missbrauch bei den Befristungen abschaffen. Deshalb dürfen Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten nur noch maximal 2,5 Prozent der Belegschaft sachgrundlos befristen.” Außerdem sollte nur noch eine Verlängerung bis zu 1,5 Jahre möglich sein und auch nur eine einmalige Verlängerung zugelassen werden. Bislang ist das noch nicht umgesetzt.
Eine stärkere Regulierung könnte zum Arbeitsplatzabbau führen, gibt das IW zu Bedenken. Denn Unternehmen wollen unter Umständen nicht das Risiko einer unbefristeten Beschäftigung eingehen.
„Würden solche Erwerbsformen stärker reguliert, wie es die Bundesregierung im Fall der Befristungen plant, könnte dies dazu führen, dass Betriebe nicht in gleichem Maß unbefristet beschäftigen, sondern ihre Arbeitskräftenachfrage reduzieren.”
Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist nach dem Gesetz grundsätzlich nur bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Verlängerungen innerhalb dieser Zeit sind dreimal zulässig. Das steht in § 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz.
Zum Beispiel: Der Vertrag wurde im Januar 20 auf 6 Monate geschlossen. Eine dreimalige Verlängerung von je 6 Monaten ist zulässig. Wenn ein sachlicher Grund vorliegt, gelten andere Regelungen.

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