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Klimaaktivismus

„Total egal, wer was will, eine Demokratie lässt sich nicht erpressen“

Dieses Mal ist die Hamburger Köhlbrandbrücke dran: Mit ihren Straßenblockaden fordern Aktivisten mehr Klimaschutz und weniger Lebensmittelverschwendung. Dafür gibt es Kritik.

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Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne). Foto: Hannibal Hanschke/Getty Images

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Lesedauer: 4 Min.

Mit ihren Straßenblockaden stoßen Klimaaktivisten zunehmend auch bei führenden Grünen-Politikern auf Unverständnis. Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) teilte in Berlin mit: „Total egal, wer was will, eine Demokratie lässt sich nicht erpressen.“
Er ergänzte: „Ich rate dazu, sich wieder darauf zu besinnen, um was es eigentlich geht, sicher nicht darum, denen Steilvorlagen zu geben, die möglichst wenig Klimaschutz wollen.“ Klimaschutz sei dringlich und notwendig. „Und genau deshalb habe ich eigentlich überhaupt keine Lust, dass gerade ganz wenige mit Lärm dazu beitragen, Mehrheiten für den Klimaschutz zu gefährden.“
Auch Grünen-Chef Omid Nouripour wies die Protest-Methoden der Aktivisten zurück. „Wir sind die Klimaschutz-Partei, und wir sind froh um jede Art der Proteste, die friedlich verlaufen und gewaltfrei verlaufen und auch niemanden bedrohen. Das ist immer Rückenwind für uns und unsere Arbeit und unsere Politik“, sagte Nouripour in Berlin.
Ihm fehle aber das Verständnis für die Methodik. „In dem Augenblick, in dem kritische Infrastruktur angegangen wird, in dem Menschen bedroht werden und in dem Ultimaten ausgesprochen werden, hat das mit Demokratie nicht mehr viel zu tun“, erklärte Nouripour.

Blockaden in Hamburg, Stuttgart und Freiburg

Die Gruppe „Aufstand der letzten Generation“ hatte immer wieder Autobahnausfahrten, vor allem in Berlin, aber auch in Hamburg und München blockiert. Am Montagmorgen war die Köhlbrandbrücke in Hamburg wegen einer ihrer Aktionen gesperrt. Demonstranten hatten sich an der Straße festgeklebt. In Stuttgart legten die Aktivisten eine Hauptverkehrsader lahm und in Freiburg die Einfahrt eines Tunnels.
Die Gruppe will sich nach eigenen Angaben mit den Aktionen unter anderem gegen Lebensmittelverschwendung und für mehr Klimaschutz einsetzen. In einem Aufruf forderten die Aktivisten die Regierung am Montag zum “Einlenken” auf. Das werde den “Störungen” ein Ende bereiten. “Leiten Sie die notwendigen Schritte ein, um unermessliches Leid von unseren Kindern abzuwenden”, erklärte die Gruppierung.
Die Blockade der Köhlbrandbrücke sei eine Störung des “todbringenden Alltags”, hieß es weiter. Durch die Auswirkungen der Klimakrise werde es am Ende dieses Jahrhunderts in Hamburg kein Leben mehr geben, wie es heute bekannt sei.
Am Wochenende hatte sie eine Ausweitung der Aktionen auf Häfen und Flughäfen angekündigt, falls es bis zum Sonntagabend keine konkreten Zusagen der rot-grün-gelben Bundesregierung zur Umsetzung eines Lebensmittelrettungsgesetzes geben sollte.

Beobachtung durch den Verfassungsschutz gefordert

Die Gruppe ist wegen ihrer Methoden und ihrer stark emotionalisierten Herangehensweise umstritten. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) forderte eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Eine “kleine Gruppe” greife zu kriminellen Handlungen, um gewählte Volksvertretungen und andere Verfassungsorgane zu nötigen, erklärte der Bundesvorsitzender Rainer Wendt.
CDU und AfD forderten Konsequenzen für die Demonstranten nach den Blockaden. Die Bürger müssten „vor den Auswirkungen derartiger rechtswidriger Blockaden geschützt und die Taten strafrechtlich geahndet werden“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), der „Welt“.
AfD-Fraktionschef Tino Chrupalla sagte: „Vergehen sind konsequent zu ahnden.“ Der rechtspolitische Sprecher der Union im Bundestag, Günter Krings (CDU), teilte mit: „Straßenblockaden gefährden Menschenleben, Blockierer müssen zur Rechenschaft gezogen werden.“
Der Chef der Innenministerkonferenz (IMK), Bayerns Ressortchef Joachim Herrmann, kündigte an, das Thema bei den kommenden IMK-Sitzungen ansprechen zu wollen. „Derartige Blockadeaktionen sind durch das Versammlungsrecht nicht gedeckt. Das sind Straftaten und nicht selten Aktionen, die andere gefährden können“, sagte der CSU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete und frühere Bundesagrarministerin Renate Künast schrieb auf Twitter, das Vorgehen der Klimaaktivisten habe etwas „Tragisches“. „Es läuft in eine Sackgasse und verschiebt den Fokus weg vom Anliegen – hin zur Frage, was ist noch legitim und was wird nur als Straftat wahrgenommen.“ (dpa/afp/red)

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