Teures Gebäck
China: Multikulti-Pluralismus oder Kuchen?

„Qie Gao“, eine Spezialität der Uiguren, die aus Maismehl, Walnüssen, Rosinen, Datteln und andere Zutaten besteht.
Foto: Screenshot von yh
„Qie Gao”, eine Art Kuchen, wurde in China zu einem Modewort mit vielfältigen Bedeutungen. Es dient als Synonym für Konflikte mit Minderheiten, Misstrauen und Polizeiwillkür. Interessant aber auch besorgniserregend ist die Geschichte, die hinter dem „Qie Gao” steht. Wer die Geschichte kennt, wird den Medien in China Recht geben, die titeln: „Es ist Zeit zum Nachdenken”. Es scheint so, dass die Minderheitenpolitik in China dafür sorgt, dass die Kluft zwischen den Völkern immer tiefer wird.
Nach Erklärung der Webseite news.qq.com sei „Qie Gao” eine Spezialität der Uiguren, die aus Maismehl, Walnüssen, Rosinen, Datteln und andere Zutaten bestehe. Es gibt bereits seit einiger Zeit zahlreiche Warnungen im chinesischen Internet, dass man den Kuchen „Qie Gao” von den Uiguren nicht kaufen solle, weil es Betrug sei. Die Berichte waren alle ähnlich: Der Verkäufer habe zuerst erklärt, dass der Kuchen fünf Yuan koste. Nachdem der Käufer ein Stück bestellt habe, wurde plötzlich behauptet, dass fünf Yuan pro 100 g gemeint seien. Außerdem sei der Kuchen mit einer solchen Dichte gebacken, dass ein Stück dem Gewicht nach bereits mehrere Dutzend Yuan kosten könne. Es gab auch Vermutungen, dass giftige Chemikalien hineingemischt worden seien, damit der Kuchen richtig schwer werde. Wenn der Käufer nicht bezahlen wolle, seien mehrere Uiguren gekommen und haben ihn bedroht. Beschwerden dieser Art kamen in mehreren großen Städten in China vor.
Das allein ist aber nicht der Grund, dass „Qie Gao” plötzlich die Aufmerksamkeit vieler Chinesen erregt hat. Am 3. Dezember veröffentlichte das Polizeiamt der Stadt Yueyang auf seinem Mikroblog einen Fall um den berühmten Kuchen „Qie Gao”. Ein Han-Chinese aus dieser Stadt, also ein Angehöriger des chinesischen Hauptvolkes, ist in eine solche Falle der Uiguren getappt. Er wollte nicht bezahlen und die Situation eskalierte. Am Ende kam es zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung zwischen mehreren Han-Chinesen und Uiguren. Im Mikroblog der Polizei wurde aber behauptet, dass die Ursache der Auseinandersetzung Missverständnisse aufgrund der Sprachbarriere seien. Außerdem sei Schaden im Wert von insgesamt 200.000 Yuan aufgetreten, davon gehen 160.000 Yuan (etwa 20.000 Euro) auf den Verlust des Kuchens. Zum Schluss seien die Uiguren mit diesem Schadensersatz in ihre Heimat, die Provinz Xinjiang, zurückgeschickt worden und der Han-Chinese sei in Untersuchungshaft geblieben. Einige Medien in China, beispielsweise die Webseite chinaiiss.com, sind der Meinung, dass die Polizei diesen Fall aufgrund der Minderheitenpolitik so entschieden habe. Diese Politik ermöglicht, dass Angehörige von Minderheiten vom Gesetz anders behandelt werden können als normale Chinesen.
Nach Berichten der Webseite news.qq.vom sei diese Meldung nach kurzer Zeit wieder von der Polizei gelöscht worden. Dennoch hat sich die Meldung bereits weit verbreitet. Die Chinesen sind kreativ, wenn es darum geht, ihre Empörung auszudrücken: „Schulden die USA China nicht mehrere Milliarden Dollar? Obama kann die Schulden wohl mit ein paar Hundert Qie Gao begleichen”. „Das Währungssystem muss revolutioniert werden, chinesische Yuan sollten mit Qie Gao, anstatt mit Gold, verbunden sein”. „Wir leben in einem Zeitalter, in dem ein BMW-Fahrer nach dem Überfahren eines Stückes Qie Gao Fahrerflucht begehen muss”…
Auch wenn die Beschwerden humorvoll ausgedrückt sind, steckt darin eine deutliche Unzufriedenheit. Aber sind die Uiguren mit dem Fall zufrieden? Nein. Sie bemerken das wachsende Misstrauen vieler Han-Chinesen und fühlen sich logischerweise diskriminiert.
Die Spannungen zwischen Uiguren und Han-Chinesen werden also ausgerechnet durch eine, die Minderheiten begünstigende, Politik verschärft. Mehrere Medien in China riefen zur Besonnenheit auf. Die Webseite chinaiiss.com stellte die Frage: „Warum ist die Minderheitenpolitik in China weder im Sinne der Minderheiten noch im Interesse der Han-Chinesen?” Möglicherweise gibt eine Analyse der Webseite news.qq.com die Antwort: Gerade weil die Minderheitenpolitik in China zulasse, dass Menschen aufgrund ihrer Abstammung unterschiedlich behandelt werden dürfen, werde der Unterschied zwischen den Völkern immer wieder betont und dadurch werde die Kluft zwischen den Han-Chinesen und den Minderheiten immer größer. Betrüger gebe es in allen großen Städten. Aber die Han-Chinesen seien deshalb empfindlich gegenüber den Betrügereien einiger weniger Uiguren, weil ihre Aufmerksamkeit ständig auf die Unterschiede zwischen den Volksgruppen gelenkt werde, anstatt Gemeinsamkeiten zu suchen und China als multikulturelles Land zu betrachten.
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