Reinhold Messner: Wir Menschen haben die Fähigkeit, Sinn zu stiften – das Göttliche ist in uns
Wie kommt der Sinn in unser Leben hinein, was unterscheidet uns vom rein Animalischen und was macht die Göttlichkeit in uns aus? Diese und andere Fragen erörtert Reinhold Messner im Gespräch mit dem Schweizer Philosophen, Autor und Moderator Yves Bossart. Jürgen Fritz hat Messners Aussagen komprimiert und kommentiert.

Reinhold Messner im Gespräch mit Yves Bossart.
Foto: screenshot/youtube
Reinhold Messner, der Abenteurer, der die Extreme suchte
Zehn Messnersche Thesen respektive Einsichten
1. Das Leben bestehe darin, Ideen zu entwickeln und diese umzusetzen, macht Messner zunächst deutlich.
Es gebe am Lebensende kein gelungenes Leben im Rückblick – das sei zu spät. Hier würde ich allerdings widersprechen wollen. Messner sieht nur im Hier und Jetzt gelingendes Leben, indem man versuche, seine Ideen umzusetzen. Ein gelingendes Leben im Moment schließt aber das gelungene Leben insgesamt nicht aus, sondern jenes führt ja gerade zu diesem, würde ich hier einwenden, verstehe aber, dass Messner den Schwerpunkt auf das Jetzt legen will und daher die vorausschauende Retrospektive völlig ausblenden möchte, wenngleich ich es anders machen würde.
2. Wir müssten uns Sisyphos als glücklichen Menschen vorstellen, sagt Messner.
Erläuterung: Sisyphos wird in der griechischen Mythologie vom Götterboten Hermes für seinen Frevel in die Unterwelt gezwungen, wo er zur Strafe einen Felsblock auf ewig einen Berg hinaufwälzen muss, der, fast am Gipfel, jedes Mal wieder ins Tal rollt – eine Metapher für eine ertraglose und dabei schwere Tätigkeit ohne absehbares Ende.
Den Sinn legen wir, so Messner, in unser Leben hinein. Und das sei unser gutes Recht. Wenn die Religion mir den Sinn vorgibt, bin ich schon auf dem Holzweg, sagt er. Das sei ein Betrug.
3. Wir Menschen haben die Fähigkeit, Sinn zu stiften, lautet seine dritte These.
5. Und wir haben eine zweite göttliche Fähigkeit, sagt Messner, das sei die Kreativität.
6. Sinn stiften zu können und kreativ zu sein, das heißt, Dinge zu erfinden oder zu entwickeln, das seien divine (göttliche) Fähigkeiten, die über die rein tierische, rein animalische Existenz hinausgingen.
7. Je stärker ich als Sinnstifter bin, desto größer sei mein gelingendes Leben, sofern ich das tue, was diesem von mir gestifteten Sinn entspreche.
Weil mein Leben hierdurch Ziele erhält, die es mir wert scheinen, sie anzustreben, könnte man erläutern, so dass ich nicht orientierungslos einfach nur so dahinlebe. Wenn ich aber dem Sinn folge, den andere postulieren, dann, so Messner, bin ich auf dem Holzweg. Denn dann mache ich ja von meiner göttlichen Fähigkeit, Sinn stiften zu können, keinen Gebrauch mache und negiere damit das Göttliche in mir beziehungsweise lasse es ungenutzt.
8. Das Erste, was wir im Leben lernen müssten, sei, dass wir das Recht, wenn nicht die Pflicht hätten, Sinn zu stiften, so Messner. Das heißt, die Göttlichkeit in uns a) entdecken und b) entwickeln.
9. Die großen Fragen könnten wir eigentlich nicht beantworten. Wir Menschen seien nicht in der Lage, ins Jenseitige zu schauen. In uns liege die Wüste mit der Erkenntnis: Wir haben keinen Zugang zum Jenseitigen, kein(en) Sinn(esorgan) um zu schauen: Was ist nach unserem Leben?
10. Wie und wann ich sterbe, darüber mache er sich keinerlei Gedanken. Warum sollte ich?, fragt er. Er könne festlegen, was mit seinem Körper geschehen soll nach seinem Tod. Aber wie und wann er sterbe, sei völlig offen. Die Zeit, bis er sterbe, werde er weiter ausfüllen mit Ideen, die er Schrittchen für Schrittchen umsetze. Denn im Umsetzen liege das, was andere als Glück bezeichnen. Er selbst frage sich während des Umsetzens niemals, ob er glücklich sei oder nicht, denn er sei es dann mit jeder Faser.
Schlusswort des Moderators
Reinhold Messner – der Grenzgänger in Sternstunde Philosophie
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