
Washington kontra Moskau: Der Tonfall wird rauer
Nach den jüngsten Äußerungen von Joe Biden, Wladimir Putin und vom russischen Generalmajor Andrei Gurulyov ist mit einem schnellen Ende des Ukraine-Krieges wohl nicht zu rechnen. Der bayerische Rüstungskonzern Hensoldt kann noch bessere Geschäfte erwarten.

Ein Kriegsende in der Ukraine ist auch nach einem Jahr nicht absehbar. Das Archivbild zeigt verschneite frische Gräber auf einem Friedhof der umkämpften ukrainischen Stadt Bachmut.
Foto: Libkos/AP/dpa
Zum Jahrestag des Einmarschs russischer Truppen in der Ukraine ist von Entspannung nichts zu spüren. Im Gegenteil, Äußerungen aus den Reihen der involvierten Parteien sorgen für immer verhärtetere Fronten.
Der russische Generalmajor Andrei Gurulyov etwa stellte am Abend des 21. Februar fest, dass die Vereinigten Staaten von Amerika wohl als der wahre Gegner zu betrachten seien. Wie der „Focus“ berichtet, bezog sich Gurulyov in einer Sendung des regierungsnahen Fernsehmoderators Wladimir Solowjow auf die jüngste Rede zur Lage der Nation des russischen Präsidenten Wladimir Putin: „Er hat den Feind ganz klar benannt: die Vereinigten Staaten von Amerika. Es ist jetzt klar, gegen wen wir kämpfen müssen.“
Putin hatte zuletzt angekündigt, bei der „militärischen Spezialoperation“ in der Ukraine weiterhin „Schritt für Schritt“ vorgehen zu wollen. Gurulyov griff die Formulierung auf: „Ein Ziel, eine Grenze, dann zwei, dann drei – wenn wir uns ein Ziel aussuchen, dann räumen wir es so auf, dass nichts mehr übrig ist. Dann sollten wir das so tun“, zitiert der „Focus“. Grundsätzlich könne man die USA nur mit einem nuklearen Krieg ausschalten. Das sei aber nicht nötig.
Biden: „Putins Krieg hat den Westen gestärkt“
US-Präsident Joe Biden hatte bei seinem Besuch in Warschau kurz nach Putins Rede ebenfalls seine Sicht der Dinge geschildert. Vor dem lichtumfluteten Königsschloss wandte sich Biden auch direkt an die russische Bevölkerung: „Die Vereinigten Staaten und die europäischen Nationen wollen Russland nicht kontrollieren oder zerstören“, sagte Biden.
Der Westen habe vor Kriegsbeginn nicht vorgehabt, Russland anzugreifen, wie Putin behauptet habe. „Jeder Tag, an dem der Krieg weitergeht, ist seine Entscheidung. Er könnte den Krieg mit einem Wort beenden. Es ist ganz einfach“, so Biden. Im Übrigen sei der Krieg „keine Notwendigkeit“ gewesen.
Russland werde den Krieg nicht gewinnen und die Ukraine werde „nie ein Opfer Russlands“, verkündete Biden. Denn das westliche Bündnis werde der Ukraine weiter „unerschütterlich“ zur Seite stehen. „Putins Krieg“ habe den Westen sogar gestärkt und zudem auch Finnland und Schweden in die Arme der NATO getrieben. Falls ein NATO-Staat von Russland angegriffen würde, würden sich die USA an ihren „heiligen Eid“ halten und helfen, „jeden Zentimeter ihres Territoriums zu verteidigen“, versprach der Demokrat.
Rüstungshersteller Hensoldt erwartet Auftragszuwachs
In Deutschland herrscht bei manchen deutschen Rüstungsunternehmen offenbar Aufbruchstimmung. Nach einem Artikel der „Welt“ weitet der Taufkirchener Elektronikhersteller Hensoldt AG, ein Spezialist auch für militärisch nutzbare Radar-, Sensor- und Digitalisierungstechnik, seine Kapazitäten „deutlich“ aus, um noch mehr Flugabwehrradargeräte herstellen zu können. Modelle des Typs „TRML 4D“ kämen „beispielsweise in deutschen Abwehrsystemen in der Ukraine zum Aufspüren anfliegender russischer Drohnen und Lenkwaffen“ zum Einsatz.
Hensoldt-Vorstand Thomas Müller gehe davon aus, dass demnächst neue Bestellungen vom Bund eingehen werden – auch, weil Boris Pistorius (SPD) kürzlich den Posten des Bundesverteidigungsministers übernommen hat. Nach der Münchner Sicherheitskonferenz hoffe Müller nun auf „deutlich mehr Geschwindigkeit“ bei den Bestellungen. Noch aber seien „praktisch keine Aufträge aus dem 100-Milliarden-Sonderbudget für die Bundeswehr“ auf seinem Tisch gelandet.
Bereits Mitte Dezember 2022 hatte die Hensoldt AG mit einem Umsatzwachstum zwischen sieben und zehn Prozent für das Jahr 2023 gerechnet. „Mittelfristig“ glauben die Bayern an ein Umsatzplus von jährlich zehn Prozent. In den Jahren bis 2025 werde das Auftragsvolumen voraussichtlich „deutlich schneller“ wachsen als der Umsatz, heißt es in einer Hensoldt-Pressemitteilung.
Gegenüber der Nachrichtenagentur “Reuters” konkretisierte Hensoldt-Finanzvorstand Christian Ladurner laut „Welt“ jüngst seine Erwartungen: „Allein aus dem Sondervermögen rechnen wir in den nächsten vier Jahren mit einem Auftragsvolumen im hohen einstelligen Milliardenbereich“. Der aktuelle Auftragsbestand sei „um fünf Prozent auf gut 5,4 Milliarden Euro“ gewachsen.
Die Hensoldt AG befindet sich laut „Welt“ zu einem Viertel im Besitz der Bundesrepublik Deutschland. Weitere 25 Prozent gehörten dem „teilstaatliche[n] italienische Rüstungskonzern“ Leonardo. Der Hensoldt-Aktienkurs habe sich seit der Invasion russischer Truppen in der Ukraine bereits mehr als verdoppelt.

Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD).
Foto: Federico Gambarini/dpa
Schnelles Kriegsende nicht in Sicht
Bundesverteidigungsminister Pistorius hatte erst vor knapp drei Wochen die Lieferung von bis zu 178 älteren Leopard-1-Panzern „aus industriellen Beständen“ an die Ukraine zugesagt. Bis zu 100 Stück sollen bis spätestens März 2024 auf ukrainischem Boden rollen. Damit könne man nach Einschätzung von Pistorius bis zu vier ukrainische Bataillone ausrüsten – inklusive Munition und Ersatzteilen. Von der Rüstungsindustrie werde zudem in Kürze eine „neue Produktionsstraße für Munition“ eröffnet. Somit rechnet Pistorius offensichtlich nicht mit einem schnellen Waffenstillstand. Für 14 Kampfpanzersysteme des moderneren Typs Leopard 2 A 6 hatte er bereits kurz nach seinem Amtsantritt im Januar grünes Licht gegeben.
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