Wegen Klimaschutz: Wasserstand in den Mooren anheben
Die Wasserstände in den Mooren sollen wieder angehoben werden, um die Freisetzung von Kohlenstoff zu minimieren, schlägt das Umweltministerium vor. Allerdings werden drei Viertel der Moorböden für die Land- und Forstwirtschaft, Siedlungen oder anderes genutzt.
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Ein typisches Bild in Norddeutschland: Entwässerungsgräben auf den Weiden.
Landwirte in der Norddeutschen Tiefebene und im Alpenvorland haben ein neues Problem. Im neuen Diskussionspapier des Bundesumweltministeriums zum Schutz der Moore in Deutschland taucht der Begriff „Vernässen“ auf. Anders gesagt, aus Klimaschutzgründen soll in den Mooren der Wasserstand angehoben werden.
Damit wären viele landwirtschaftliche Flächen der betroffenen Regionen nicht mehr so nutzbar wie bisher – einige Landwirte sind wütend und munkeln von Enteignung. Gerade in Norddeutschland weiden viele Kühe auf ehemaligen Moorflächen; im Cuxland zwischen Elbe, Weser und Nordsee sind etwa ein Drittel aller Flächen betroffen.
Das Umweltbundesamt fordert, dass sich die Bundesregierung dafür einsetzt, zusätzliche Moorflächen einer natürlichen Entwicklung zu überlassen und unter Schutz zu stellen. Die Torfzersetzung soll durch das Wiedervernässen gestoppt werden. Dabei soll gelten: „Die Interessen der Flächeneigentümer*innen sowie der Bewirtschafter*innen angrenzender Flächen sind dabei angemessen zu berücksichtigen.”
Moorböden speichern Kohlenstoff
Das Ministerium schreibt: „Wenn wir das Ziel der Treibhausgasneutralität erreichen wollen, ist es wichtig, dass wir die Kohlenstoffvorräte der Moorböden vor Freisetzung schützen. Dies ist nur möglich, wenn die Wasserstände wieder angehoben werden.”
In den Moorböden sei genau so viel Kohlenstoff gespeichert wie in den deutschen Wäldern, obwohl die Moore nur 5 Prozent der gesamten Fläche Deutschlands einnehmen würden, heißt es in der Vorlage. Durch den derzeitigen abgesenkten Wasserstand komme der Torf der Moore mit der Luft in Berührung und zersetze sich, wobei „große Mengen des gespeicherten Kohlenstoffs als Treibhausgase freigesetzt“ würden.
Es gibt in Deutschland rund 1,8 Millionen Hektar Moorböden. 92 Prozent der Moorböden sind entwässert. Für Nicht-Fachleute sind die Flächen meist nur noch über die Namen daran zu erkennen, dass sie einst Moore waren (Städte wie Wiesmoor, Hemmoor; auch Namen, die auf Ried, Laake oder in Bayern auf Moos oder Filz enden). Durch die Entwässerung werden die Böden tragfähiger für die Beweidung und den Einsatz von landwirtschaftlichen Maschinen.
Moore entstanden nach der letzten Eiszeit, als sich aus abgestorbenen Pflanzenteilen in feucht-kühlem Klima und Wasserüberschuss Torf bildete. Sie gelten als schwammartige Wasserspeicher mit daran angepasster Pflanzen- und Tierwelt.
Drei Viertel der Moorböden werden als Kulturlandschaft genutzt
Rund die Hälfte der Moorböden Deutschlands werden als Grünland, weitere 19 Prozent als Ackerfläche genutzt; 15 Prozent sind bewaldet, 6 Prozent sind Feuchtgebiete.
Auf weiteren 5 Prozent der Moorböden befinden sich Siedlungen. Die Autoren aus dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit schreiben: „Hindernisse für Wiedervernässungen sind bestehende Siedlungs- und Verkehrsinfrastrukturen, aber auch Windkraft- und Photovoltaikanlagen, die auf einigen Moorböden installiert wurden“.
Naturnahe Moore oder Restgebiete davon sind in Deutschland selten und stehen zum großen Teil bereits unter Schutz.
Moorgebiete in Deutschland (Quelle: Global Peatland Database, Greifswald Moor Centrum 2020 (17)).
Foto: Screenshot aus dem Diskussionspapier des Bundesumweltministeriums
Landwirtschaftliche Nutzflächen
Moorböden haben eine hohe ökonomische Bedeutung als Grünland in der Milchviehwirtschaft. Sind Flächen besonders stark entwässert, kann Ackerbau auf diesen Flächen betrieben werden. Im Laufe der Zeit sacken die Gebiete ab, der Boden „schrumpft“ durch Wasserverlust und Torfzehrung, was die weitere Nutzung erschwert.
Eine Umstellung auf eine „nasse Moornutzung“ bedeutet eine andere Bewirtschaftung, die Landwirte meist nicht aus eigener Kraft bewältigen können. „Erfolgreiche Wiedervernässungsprojekte auf landwirtschaftlichen Flächen und die Erprobung innovativer Ansätze zur Nutzung nasser Flächen mittels Paludikulturen sind noch wenig verbreitet“, heißt es in der Vorlage. Eine Paludikultur ist beispielsweise der Anbau von Röhricht für Dachreet.
Vorgeschlagen wird, ein Umbruchverbot von Moorgrünland zur Grünlanderneuerung zu erlassen und die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen insbesondere auf Moorböden nicht mehr zu erlauben.
Zum anderen sollte der Bund mit gutem Beispiel vorangehen und auf die Anlage von Drainagen auf landwirtschaftlich genutzten Moorböden, auf Vorflutausbau und weitere Vorflutabsenkungen zu verzichten.
Ein Ziel ist: „Bisher ackerbaulich genutzte Flächen auf Moorböden im Eigentum des Bundes werden bis zum Jahr 2030 wiedervernässt und die Nutzungsformen entsprechend angepasst. Die Interessen der Flächennutzenden und Anrainer sind dabei angemessen zu berücksichtigen.”
Forst, Torf-Industrie und Militär
Etwa 300.000 Hektar Moorböden werden forstwirtschaftlich genutzt oder sind mit Gehölzen bewachsen. Die Nutzung soll mit einer Wiedervernässung angepasst und „je nach Standort eventuell aufgegeben werden, da die auf entwässerten Standorten derzeit vorherrschende Vegetation höhere Wasserstände in der Regel nicht toleriert.”
Der Torfabbau soll in Deutschland mittelfristig beendet werden. Eine Verlagerung ins Ausland sollte vermieden werden: „In den EU-Mitgliedstaaten wird eine gemeinsame Nullnutzungsstrategie für Torf entwickelt, um mittelfristig den Torfabbau EU-weit zu beenden.”
Moore und Moorflächen werden durchaus auch für militärische Zwecke und als Übungsgelände genutzt, wie die „Tinner Dose“ bei Meppen. Hier schlagen die Autoren vor: „Die Treibhausgas-Emissionen aus organischen Böden der militärisch genutzten Liegenschaften in Deutschland werden bis zum Jahr 2040 um mindestens 80 % reduziert.”