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Anti-Atomkraft-Demonstrationen

Praktisch!? – Atommüll-Endlager direkt vor Ihrer Haustür

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(Jakob Huber)

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Lesedauer: 4 Min.

Als Stadtbewohner hat man es zwar nicht so angenehm ruhig wie etwa im schönen Wendland. Dafür hat man vieles quasi um die Ecke: den Supermarkt, den Frisör, den Kindergarten, – o.k., keinen Parkplatz, dafür aber eine Bushaltestelle – und zu Füßen: das Endlager für den radioaktiven Müll des selbst genutzten Atomstroms. Wie praktisch!
Ach, das Letztere finden Sie nicht so praktisch? Das stimmt so auch nicht. Noch nicht? In Hamburg und Berlin wurde bereits am vergangenen Wochenende nach einer geeigneten Endlagerstätte für radioaktive Abfälle „gesucht“. Mit einer Castor-Attrappe samt 40-Tonnen-Lastwagen, Sirenen, Strahlenschutzanzügen und Geigerzählern waren in Hamburg nach Angaben der Organisatoren etwa 400 Menschen an der Aktion beteiligt, mit der das Kampagnennetzwerk Campact und Hamburger Umweltgruppen auf die ungelöste Endlagerung des Jahrmillionen strahlenden Atommülls aufmerksam machen und – kurz vor der Bundestagswahl – darauf drängen, am Atomausstieg festzuhalten. Den Höhepunkt bildete eine „Probebohrung“ am Rathausmarkt.
Horrorvorstellung
Die Aktion ist provokant. „Beim Gedanken, radioaktiv strahlenden Abfall vor der eigenen Haustür zu lagern, packt selbst eingefleischte Befürworter der Risikotechnologie blankes Entsetzen“, erläuterte Kerstin Schnatz von Campact. Gemäß einer von Campact in Auftrag gegebenen Emnid-Studie möchten 89 Prozent der Bevölkerung den strahlenden Müll nicht in ihrer Nähe haben.
Der Gorleben-Treck 2009 ist unterwegs
In Gorleben ist diese Vorstellung Realität. Und ausgesprochen ruhig ist es im Wendland derzeit nicht: Ein Treck aus über 1.000 Menschen, 143 Traktoren, Schleppern, Hängern, Küchenwagen und einem mobilen Kino, eskortiert von Motorrädern, ist seit dem 29. August auf dem Weg nach Berlin. Dort werden sie am 5. September als Vertreter der Bäuerlichen Notgemeinschaft und der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) ein Teil der vermutlich größten Anti-Atomkraft-Demonstration Deutschlands sein. „Vielen Menschen wird allmählich klar, es gibt kein Endlager, nur Katastrophen wie in der Asse und Morsleben. Die Wahrheit zu Gorleben setzt sich endlich durch: dieser Standort ist geologisch unmöglich und politisch verbrannt. Reaktorrisiko plus Entsorgungslüge gleich Sofortausstieg“, bringt es BI-Sprecher Wolfgang Ehmke auf eine kurze Formel. Die Politiker würden sie nicht an ihren Wahlversprechen, sondern an ihren Taten messen. Carsten Niemann sagte für die Bäuerliche Notgemeinschaft: „Wir haben Lügen und Verdrehungen satt. Egal, welche Partei am 27. September die Wahl gewinnt, mit uns muss man rechnen. Wir wollen endlich, dass Schluss ist mit der Atomkraft.“
Renaissance der Anti-Atom-Bewegung
„Wir müssen raus aus einer Technologie, die Tausenden Generationen eine tödliche Hypothek aufbürdet“, findet auch Christoph Bautz von Campact in Hamburg. „Bereits nach vier Jahrzehnten sind in der Asse die Lagerpläne der Atomlobby in Salzlauge ersoffen. Das jetzt bekannt gewordene Originalgutachten des Physikalisch Technischen Bundesamts belegt, dass Gorleben höchstens 1.100 Jahre dicht hält – eine Farce angesichts des Millionen Jahre strahlenden Atommülls“, kritisiert er. Die Atomwirtschaft setze alles daran, den Atomausstieg zu kippen, bevor in der nächsten Legislaturperiode sieben Atomreaktoren vom Netz müssen, sagt er. „Jetzt beginnen die Menschen im Lande, den Ausstieg selbst in die Hand zu nehmen. Wer auf eine Renaissance der Atomkraft setzt, wird eine Renaissance der Anti-Atom-Bewegung erleben.“
Bis zum 19. September wird die „Endlagersuche“ noch in Bremen, Hannover, Leipzig, Berlin, Köln, Mainz, Frankfurt am Main, Stuttgart, München, Nürnberg und Münster zu sehen sein. Mitmachen ist erlaubt.
Erschienen in The Epoch TImes Deutschland Nr. 33/09
(Jakob Huber)(Jakob Huber)

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