Der Kranich – Von Nikolaus Lenau
Aus der Reihe Epoch Times Poesie - Gedichte und Poesie für Liebhaber

Nebel auf die Stoppeln taut; dürr der Wald; – ich duld es gerne. Seit gegeben seinen Laut Kranich, wandernd in die Ferne.
Foto: iStock
Der Kranich
Stoppelfeld, die Wälder leer.
Und es irrt der Wind verlassen,
Weil kein Laub zu finden mehr,
Rauschend seinen Gruß zu fassen.
Und es irrt der Wind verlassen,
Weil kein Laub zu finden mehr,
Rauschend seinen Gruß zu fassen.
Kranich scheidet von der Flur,
Von der kühlen, lebensmüden.
Freudig ruft ers, daß die Spur
Er gefunden nach dem Süden.
Von der kühlen, lebensmüden.
Freudig ruft ers, daß die Spur
Er gefunden nach dem Süden.
Mitten durch den Herbstesfrost
Schickt der Lenz aus fernen Landen
Dem Zugvogel seinen Trost,
Heimlich mit ihm einverstanden.
Schickt der Lenz aus fernen Landen
Dem Zugvogel seinen Trost,
Heimlich mit ihm einverstanden.
O wie mag dem Vogel sein,
Wenn ihm durch das Nebeldüster
Zückt ins Herz der warme Schein
Und das ferne Waldgeflüster!
Wenn ihm durch das Nebeldüster
Zückt ins Herz der warme Schein
Und das ferne Waldgeflüster!
Hoch im Fluge übers Meer
Stärket ihn der Duft der Auen;
O wie süß empfindet er
Ahndung, Sehnsucht und Vertrauen!
Stärket ihn der Duft der Auen;
O wie süß empfindet er
Ahndung, Sehnsucht und Vertrauen!
Nebel auf die Stoppeln taut;
Dürr der Wald; – ich duld es gerne.
Seit gegeben seinen Laut
Kranich, wandernd in die Ferne.
Dürr der Wald; – ich duld es gerne.
Seit gegeben seinen Laut
Kranich, wandernd in die Ferne.
Hab ich gleich, als ich so sacht
Durch die Stoppeln hingeschritten.
Aller Sensen auch gedacht,
Die ins Leben mir geschnitten;
Durch die Stoppeln hingeschritten.
Aller Sensen auch gedacht,
Die ins Leben mir geschnitten;
Hab ich gleich am dürren Strauch
Andres Welk bedauern müssen,
Als das Laub, vom Windeshauch
Aufgewirbelt mir zu Füßen:
Andres Welk bedauern müssen,
Als das Laub, vom Windeshauch
Aufgewirbelt mir zu Füßen:
Aber ohne Gram und Groll
Blick ich nach den Freudengrüften,
Denn das Herz im Busen scholl,
Wie der Vogel in den Lüften;
Blick ich nach den Freudengrüften,
Denn das Herz im Busen scholl,
Wie der Vogel in den Lüften;
Ja, das Herz in meiner Brust
Ist dem Kranich gleich geartet,
Und ihm ist das Land bewußt,
Wo mein Frühling mich erwartet.
Ist dem Kranich gleich geartet,
Und ihm ist das Land bewußt,
Wo mein Frühling mich erwartet.
Nikolaus Lenau (1802 – 1850)
Aktuelle Artikel des Autors
29. August 2021
Der Eichwald – Von Nikolaus Lenau
04. Januar 2021
Nebel – Von Nikolaus Lenau
09. April 2020
Frühlingsblick – Von Nikolaus Lenau
14. März 2020
Der Kranich – Von Nikolaus Lenau
Kommentare
Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.
0
Kommentare
Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.