Die Lautenstimmer – Von Conrad Ferdinand Meyer
Aus der Reihe Epoch Times Poesie - Gedichte und Poesie für Liebhaber

Skulpturen an der Fassade des Tempels Expiatori de la Sagrada Familia
Foto: iStock
Die Lautenstimmer
Schlummernd jüngst in Waldesraum,
Hatt ich einen hübschen Traum:
Etwas regt sich in der Hecke,
Etwas klimpert im Verstecke.
Hatt ich einen hübschen Traum:
Etwas regt sich in der Hecke,
Etwas klimpert im Verstecke.
Das Gesträuch mit leiser Hand
Teilt ich, bis das Nest ich fand:
Kinder, rings im Grase sitzend,
Mit den hellen Augen blitzend!
Teilt ich, bis das Nest ich fand:
Kinder, rings im Grase sitzend,
Mit den hellen Augen blitzend!
Rutschend auf dem nackten Knie,
Stimmten eine Laute sie –
»Sagt, was lagert ihr im Runde?
Sprecht, was schaffet ihr im Bunde?«
Stimmten eine Laute sie –
»Sagt, was lagert ihr im Runde?
Sprecht, was schaffet ihr im Bunde?«
Auf das zarte Werk erpicht,
Hörten sie die Frage nicht.
»Seht, wie ist sie zugerichtet!
Wundgerissen! Fast vernichtet!«
Hörten sie die Frage nicht.
»Seht, wie ist sie zugerichtet!
Wundgerissen! Fast vernichtet!«
Emsig ward geklopft, gespäht,
An den Saiten flink gedreht,
Ließen eine tiefer klingen,
Ließen eine hohe springen –
An den Saiten flink gedreht,
Ließen eine tiefer klingen,
Ließen eine hohe springen –
Endlich klang die Laute rein,
Und die Kinder spielten fein,
Bis ich aus dem Traum erwachte
Und mir seinen Sinn bedachte:
Und die Kinder spielten fein,
Bis ich aus dem Traum erwachte
Und mir seinen Sinn bedachte:
Dumpf entschlummert, jetzo hell,
Ganz ein anderer Gesell!
Was die Kinder ohne Fehle
Stimmten, es war meine Seele!
Ganz ein anderer Gesell!
Was die Kinder ohne Fehle
Stimmten, es war meine Seele!
Conrad Ferdinand Meyer (1825 – 98)
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